Stadtmaut: New York macht’s vor, Trump will zerstören

Stadtmaut: New York macht’s vor, Trump will zerstören

Wie eine Stadtmaut nach dem Vorbild von New York unsere Städte positiv verändern kann – und was Frankfurt und Paris davon lernen können

Donald Trump will New Yorks Stadtmaut kippen, die „Busse fliegen“ – und in Frankfurt diskutiert man über den „Masterplan Mobilität„. Klingt chaotisch? Ist es auch. Aber inmitten des Verkehrswende-Wirrwarrs zeigt sich: Die Stadtmaut ist ein Schlüssel für lebenswertere Städte. Doch was steckt wirklich dahinter und wie können wir dieses Modell auch in Europa sozial gerecht nutzen?

New York im Stresstest: Stadtmaut gegen Trump

Es ist der 26. März 2025. In New York rollt die „Congestion Pricing“ – die Stadtmaut für Manhattan. Eine Revolution im urbanen Verkehr, die selbst Donald Trump auf den Plan ruft. Er inszeniert sich als Retter der „arbeitenden Bevölkerung“, die unter der Maut leide. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache: Weniger Staus, mehr ÖPNV, weniger Emissionen – und steigende Zustimmung in der Bevölkerung. Mehr dazu auch im Surplus Magazin.

Die Idee der „Staubepreisung“ ist nicht neu. Schon 1963 forderte der Ökonom William Vickrey eine „Internalisierung der Externalitäten“ im städtischen Verkehr. Doch erst jetzt, im Angesicht des Klimawandels und des Verkehrskollaps, gewinnt sie an Bedeutung. New York macht’s vor, aber auch London, Mailand und Stockholm haben gezeigt: Die Stadtmaut funktioniert.

Die Erfolge der New Yorker Stadtmaut: Mehr als nur leere Versprechungen

Die ersten Ergebnisse sind beeindruckend:

  • Weniger Verkehr: Im ersten Monat sank die Zahl der Autofahrten um eine Million.
  • Mehr ÖPNV: Die Passagierzahlen für U-Bahn und Bus stiegen um 9,2 bzw. 12,7 Prozent.
  • Besserer Verkehrsfluss: Die Durchschnittsgeschwindigkeit in Manhattan stieg um 15 Prozent.
  • Weniger Emissionen: Der CO2-Ausstoß sank um 2-3 Prozent.
  • Weniger Unfälle: Die Zahl der Autounfälle halbierte sich.
  • Weniger Lärm: Lärmbeschwerden wegen Hupen sanken um 69 Prozent.
  • Mehr Umsatz: Broadway-Besuche, Restaurantbesuche und Fußgängerverkehr stiegen.

„Die Busse fliegen“, freut sich ein privater Busunternehmer. Und auch die Zustimmung der New Yorker zur Stadtmaut steigt, wie es auch schon in Stockholm zu beobachten war.

Die Congestion Relief Zone auf Manhattan erfordert tagsüber eine einmalige Zahlung von 9 Dollar für Autos und 21,60 Dollar für große Lastwagen. Taxis und Carsharing müssen bei jedem Einfahren eine geringe Gebühr entrichten. Nachts reduzieren sich die Tarife jeweils um drei Viertel. Die MTA hat bereits über 100 Millionen Dollar Einnahmen erzielt, die für die Modernisierung des U-Bahn-Signalsystems, die Erweiterung des Netzes und den Ausbau des barrierefreien Zugangs verwendet werden.

Stadtmaut vs. „Masterplan Mobilität“: Was Frankfurt von New York lernen kann – und was nicht

Frankfurt hat mit dem „Masterplan Mobilität“ einen ambitionierten Plan zur Reduzierung des Autoverkehrs vorgelegt. Wie im Artikel „Autofreiheit: Wie sich Barcelona, Paris oder Frankfurt verändern“ beschrieben, setzt der Masterplan auf Anreize wie den Ausbau des Radverkehrs und die Schaffung autoarmer Zonen. Doch im Vergleich zur New Yorker Stadtmaut fehlt ein entscheidendes Element: die Bepreisung des Autoverkehrs.

Hier könnte Frankfurt von New York lernen: Eine Stadtmaut könnte den „Masterplan Mobilität“ ergänzen und beschleunigen. Sie würde nicht nur den Autoverkehr reduzieren, sondern auch Einnahmen generieren, die in den Ausbau des ÖPNV und die Förderung des Radverkehrs fließen könnten.

Gleichzeitig muss Frankfurt aufpassen, dass die Stadtmaut nicht zu einer „Umverteilung von unten nach oben“ führt, wie im Artikel über BlackRock und die Privatisierung von Infrastrukturprojekten gewarnt wird. Die Einnahmen aus der Maut müssen gemeinwohlorientiert eingesetzt werden.

Paris als Vorbild: Die autofreie Stadt als Ziel – und die Stadtmaut als Ergänzung

Auch Paris geht einen anderen Weg als New York. Wie im Artikel „Paris setzt auf „rues végétales“: 500 neue autofreie Straßen beschlossen“ beschrieben, setzt Bürgermeisterin Anne Hidalgo auf die „15-Minuten-Stadt“ und die Umwandlung von Straßen in autofreie Zonen. Eine Stadtmaut ist in Paris derzeit kein Thema.

Dennoch könnte auch Paris von den Erfahrungen in New York profitieren. Denn eine Stadtmaut könnte dazu beitragen, den Autoverkehr in den verbleibenden Straßen zu reduzieren und die Lebensqualität in der Stadt weiter zu verbessern. Gleichzeitig könnte die Maut dazu beitragen, die Umgestaltung von Straßen in Grünflächen und Fußgängerzonen zu finanzieren, wie sie in Paris geplant ist.

Die sozialen Aspekte: Wer zahlt, wer profitiert – und wie verhindern wir eine „Kohlenstoff-Kostenfalle“?

Ein Kritikpunkt an der Stadtmaut ist, dass sie vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen belastet. Doch die Zahlen aus New York zeigen, dass dies nicht der Fall ist:

  • Nur 11 Prozent der Pendler in Manhattan fahren mit dem Auto, und diese sind im Durchschnitt wohlhabender.
  • Nur zwei Prozent der „working poor“ in den Außenbezirken fahren mit dem Auto nach Manhattan.
  • Für Menschen mit niedrigem Einkommen gibt es Ermäßigungen auf die Mautgebühren.
  • Der Ausbau des ÖPNV, der durch die Maut finanziert wird, kommt vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen zugute.

Auch in Frankfurt und Paris müsste darauf geachtet werden, dass eine Stadtmaut sozialverträglich ist. Dies könnte durch Ermäßigungen für Menschen mit niedrigem Einkommen und den Ausbau des ÖPNV erreicht werden. Wie im Artikel über Trump und die „einfachen Leute“ betont wird, müssen umweltschonende Alternativen kostengünstig bereitstehen, um eine „Kohlenstoff-Kostenfalle“ zu verhindern.

Fazit: Die Stadtmaut als Schlüssel zur Verkehrswende – aber nur im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen

Die New Yorker Stadtmaut ist ein Erfolg. Sie reduziert den Autoverkehr, verbessert die Lebensqualität und generiert Einnahmen für den Ausbau des ÖPNV. Auch Frankfurt und Paris könnten von diesem Modell profitieren.

Die Stadtmaut ist kein Allheilmittel, aber sie ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Verkehrspolitik. Sie muss jedoch im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen wie dem Ausbau des ÖPNV, der Förderung des Radverkehrs und der Schaffung autoarmer Zonen eingesetzt werden. Und sie muss sozialverträglich gestaltet werden, um die „Kohlenstoff-Kostenfalle“ zu verhindern.

Es ist an der Zeit, dass wir uns in Europa intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen. Denn die Zukunft unserer Städte gehört nicht dem Auto, sondern den Menschen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

New YorkTrumpUSAVerkehrswende