Early-Stage-Business Angel Lukasz Gadowski beteiligt sich am Batterie-Startup, das zwei Patente für seine Lithium-Schwefel-Akkus für E-Autos angemeldet hat.
Aktuell liegt die Aufmerksamkeit für innovative Batterietechnologien besonders bei Cleantech-Unternehmen aus den USA (Quantumscape, Advano) oder den Niederlanden (eMagy, LeydenJar, SALD). Dabei könnte einer der künftigen Big Player im Markt für innovative Batterietechnologien durchaus aus Berlin kommen. Das Cleantech-Startup Theion, gegründet von Florian Ruess und Marek Slavik, will die erste Quasi-Solid-State-Batterie (QSSB) auf den Markt bringen – und zwar nicht im Gigawatt, sondern im Terawatt-Maßstab. Dabei setzen die Berliner auf die Lithium-Schwefel-Zellchemie, die auch Nobelpreisträger Stan Whittingham als besonders aussichtsreich charakterisiert.
Im März 2021 hat Theion eine Seed-Finanzierungsrunde mit Team Europe Management GmbH als Lead-Investor erfolgreich abgeschlossen – neben Lukasz Gadowski, zählen jetzt auch Thomas Andrae und Benjamin Braun zum Investorenkreis, ergänzen den Day1-Seed-Investor JÖB Beteiligungen UG (Johannes Eisele). Sie alle eint der feste Glaube an die Mission von Theion: Die sicherste und grünste Batterie weltweit auf den Markt zu bringen, und das Potenzial der Lithium-Schwefel-Zellchemie voll auszuschöpfen.
Theion will eine innovative Silizium-Anode mit einer besonders umweltfreundlichen Schwefel-Feststoffkathode kombinieren. Daraus soll die Quasi-Solid-State-Battery entstehen, die viele Vorteile insbesondere für den Einsatz in Elektroautos bringen könnte. Das Unternehmen hat einen starken wissenschaftlichen Hintergrund, und in den vergangenen Monaten gleich zwei Patente für ihre Technologie angemeldet:
- „Advanced monolithic sulphur wafer-like cathode based on hyper-branched super-structures and method of manufacture thereof“ („Fortgeschrittene monolithische schwefelplättchenartige Kathode auf Basis von hyperverzweigten Überstrukturen und Verfahren zu ihrer Herstellung“)
- „Advanced pre-lithiated heterofibrous monolithic wafer-like silicon anode“ („Fortschrittliche vorlithiierte heterofaserige monolithische waferartige Siliziumanode“)
Dabei steht „wafer-like“ dafür, dass die Herstellung vollautomatisiert und in extremer Geschwindigkeit erfolgen wird – angelehnt an die Waferproduktion der Halbleiterindustrie. Dieser hohe Automatisierungsgrad, der mit der Lithium-Schwefel-Technologie von Theion möglich werden soll, ist der Grund, warum das Cleantech-Unternehmen davon spricht, dass man eher an einen Terawatt-Maßstab bei der Herstellung der Batterien denkt. Die „monolithische, hierarchische Wafer-ähnliche Schwefelkathode“ ist nach Angaben des Unternehmens der Schlüssel für kommerzielle Batterien sein, die revolutionäre 700 Wattstunden pro Kilogramm / 1200 Wattstunden pro Liter erreichen sollen.
Die QSSB von Theion wird nach Unternehmensangaben „allen derzeit hergestellten Batterien überlegen sein“. Sie bietet mehr Kapazität nach Masse und Volumen, eine Vollladung innerhalb von Minuten und eine längere Lebensdauer mit einer größeren Anzahl von Lade- und Entladezyklen.
Ein besonderer Umweltaspekt bei Theion kommt hinzu: Das Unternehmen möchte Schwefel als Abfallstoff aus der Industrie recyceln, um die eigenen Batterien herzustellen. Dafür lässt das Startup Schwefelkristalle wachsen, wie das nachfolgende Video zeigt:
Im Rahmen der Entwicklung siliziumbasierter Materialien, nutzt Theion die Cyclohexasilan-(CHS)-Technologie des strategischen Partners Coretec als Schlüsselmaterial. „Sobald wir von CHS erfuhren, wussten wir, dass es die ideale Lösung für unsere QSSB-Technologie ist. Damit können wir unsere Ziele skalierbar erreichen“, sagte Florian Ruess, CEO von Theion. Coretec’s CHS wird im Silizium-Dotierungsprozess der Anode eingesetzt und ist aufgrund seiner einzigartigen Materialeigenschaften ein wichtiger Prozessschritt zur Steigerung der coulombischen Effizienz.
„Wir sind stolz darauf, mit Theion zusammenzuarbeiten, während sie das Design der Quasi-Festkörperbatterie zum Leben erwecken. Gemeinsam streben wir eine Batterie an, die in allen kritischen Leistungsmetriken überlegen ist, indem wir die einzigartigen Materialeigenschaften von CHS nutzen. Unsere CHS-Technologie hat so viel Potenzial für Batteriedesigns und hilft Batterieentwicklern und -herstellern, Modelle der nächsten Generation zu entwickeln, die keine Kompromisse zwischen Kosten, Kapazität und Langlebigkeit erzwingen.“
Michael A. Kraft, CEO der Coretec Group
Nach eigener Aussage arbeitet Coretec derzeit mit Konstrukteuren von Gen 2.0-Batterien an der Entwicklung von Kohlenstoff-Silizium-Nanostrukturen als direktem Ersatz für herkömmliches Graphit in Hochenergie-Lithium-Ionen-Batterien. Mehr dazu gibt es auch hier.
Strategischer Partnerschaft: Theion und Horizer
In den vergangenen Monaten hat Theion nicht nur die Patente angemeldet und die ersten Investorengelder an Land gezogen, sondern auch eine strategische Partnerschaft mit einem weiteren Berliner Cleantech-Startup geschlossen. Horizer entwickelt ein Solarmodul sowie additive Technologien wie Batterien, die für jedes Fahrzeug geeignet sind – ganz gleich ob neu oder gebraucht, ob Auto, Van, LKW oder Trolli.
Der vom Solarsystem erzeugte Strom wird für die Fahrzeugelektronik genutzt – da 98 Prozent der Fahrzeuge noch mit Verbrennungsmotoren unterwegs sind. Aber die Lösung von Horizer ist auch geeignet, zusätzliche oder existierende Batterien von elektrifizierten Fahrzeugen zu speisen. Eine Eigenentwicklung von Horizer ist ein zum Patent angemeldetes Energy Optimizer-Ladegerät.
Horizer Solar Mobility Solutions sind energieeffizient und ändern nichts an der bestehenden Fahrzeugdynamik oder Sicherheit. Laut Angaben auf der Webseite des Cleantech-Startups stehen in Deutschland ca. 100 Werkstätten für die Installation der Technologie bereit – der Einbau soll nicht länger als eine Stunde dauern. Über Preise und exakte Verfügbarkeit ist aber noch nichts bekannt.
Mit Theion und Horizer sind in den vergangenen Tagen zwei hoch interessante Cleantech-Startups auf der Berliner Bühne erschienen, deren Reise zur möglichen Technologieführerschaft wir sehr genau verfolgen werden. Damit die nächsten großen Nachrichten zu realen Durchbrüchen, innovativen Batteriesystemen oder großen Finanzierungsrunden demnächst möglicherweise nicht aus den USA oder den Niederlanden kommen, sondern aus Berlin.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.