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Streit um E-Fuels: Schadet die Einigung zum Verbrenner-Verbot dem Klima?

Sind strombasierte, synthetische Kraftstoffe auf Basis von Strom wirklich klimaneutral? Erhebliche Zweifel sind angebracht.

Seit heute ist es offiziell: Der Streit um E-Fuels zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission ist beigelegt. Damit ist klar: Das Verbrenner-Verbot kommt unverändert wie vor Wochen bereits beschlossen. Hier hat das Verkehrsministerium eingelegt. Eine Hintertür gibt es nach dem Streit um E-Fuels aber für die Zulassung von Verbrennungsmotoren, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken.

Wissing will nun dem Aus für fossile Verbrennungsmotoren zustimmen. Die EU-Kommission versichert indes in einer Erklärung, dass mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Verbrennungsmotoren auch nach dem Ausstiegsdatum zugelassen werden können.

Damit kann die EU-Kommission bereits in den kommenden Tagen mit der Zustimmung Deutschlands das Verbrenner-Aus endgültig in Europa besiegeln – und der Streit um E-Fuels ist erledigt.

Zuvor hatte Wissing versucht, im Streit um E-Fuels eine Ausnahmeregelung für E-Treibstoffe im Gesetzestext durchzusetzen, obwohl sich die Regierungen schon im vergangenen Jahr auf eine andere Position geeinigt hatten. Die neuen Grenzwerte sehen vor, dass PKW und leichte Nutzfahrzeuge von 2035 an nur noch zugelassen werden dürfen, wenn sie kein Kohlendioxid mehr ausstoßen. In Brüssel war Wissings nachträglicher Korrekturversuch als Dammbruch in der EU-Gesetzgebung kritisiert worden. Mit dem neuen Kompromissvorschlag ist dieser Plan vom Tisch.

VW- und Porsche-Chef Oliver Blume gehört zu jenen Menschen in der Autoindustrie, die Ausnahmen für E-Fuel-Motoren vom Verbrenner-Aus befürworten. Er spricht sich für Elektroautos (lesen Sie hier, wieso Elektroautos nicht zu stoppen sind) aus, aber auch gegen ein definitives Aus für den Verbrenner. Blume wünscht sich in der Diskussion „weniger Emotionen und mehr Fakten“. Dem Verbrenner gibt er vor allem in Sonderfahrzeugen für Feuerwehr und Rettungsdienste sowie für Kleinserien und kleinere Hersteller eine Zukunft.

Über den E-Fuels-Streit und synthetische Kraftstoffe und das politische Risiko, das Volker Wissing damit eingeht, berichtete Cleanthinking bereits zuvor in diesem Artikel.

Streit um E-Fuels: Sind sie wirklich klimaneutral?

Die Aufgabe der EU bis zum Herbst ist nun also, eine Ausnahme für „ausschließlich mit klimaneutralen, synthetischen Kraftstoffen betriebene Fahrzeuge“ rechtlich zu regeln. Im EU-Deutsch bedeutet das, einen „Delegierten Rechtsakt“ durchzuführen. Aber welche Vor- und Nachteile haben E-Fuels und sind diese wirklich klimaneutral?

Streit um E-Fuels - Haru Oni Projekt

Die NGO Transport & Environment hat herausgefunden, dass die Ausnahme für E-Fuels-Neufahrzeuge nach 2035 erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben könnte. Denn durch das Schlupfloch wird es demnach bis zu 135 Milliarden Liter zusätzlichen fossilen Kraftstoff geben, der verbrannt wird.

Daneben zeigen Untersuchungen, dass E-Fuels beim Verbrennen mehr Kohlenmonixid freisetzen. Wird e-Kerosin in der Luftfahrt eingesetzt, werden mehr Kondensstreifen erzeugt – und die wiederum sind klimaschädlich.

Haru Oni: e-Methanol bislang nicht klimaneutral

E-Fuels werden hergestellt, indem Wasserstoff aus Wasser getrennt und CO2 hinzugefügt wird. Obwohl die Kraftstoffe selbst mit erneuerbarer Energie hergestellt werden können, ist der Prozeß energieintensiv und Studien zeigen, dass Autos, die mit E-Fuels betrieben werden, fast so viel Treibhausgas ausstoßen wie herkömmliche Fahrzeuge, es sei denn, die Direct Air Capture (DAC)-Technologie wird verwendet, um dies auszugleichen.

Und genau das ist pikanterweise beim zentralen E-Fuels-Projekt von Porsche und Siemens Energy namens Haru Oni in Chile nicht der Fall, wie Recherchen von efahrer gezeigt haben. Stand jetzt sind selbst diese paar Liter, die aus der Anlage in Chile tröpfeln alles Andere als klimaneutral.

Weitere Zweifel werden deutlich, schaut man sich den Kompromiss zum Streit um E-Fuels genauer an: Eine technische Vorrichtung soll demnach sicherstellen, ob E-Fuel oder fossiler Sprit eingefüllt wurde. Der Manipulation sind somit Tür und Tor geöffnet. Klimafreundlich ist das nicht.

Fazit: E-Fuels sind nicht klimaneutral

Schaut man sich also nicht nur den reinen Produktionsprozess an, sondern die gesamte Kette, bis E-Fuels wirklich im Verbrennungsmotor verbrannt werden, können diese Kraftstoffe kaum als klimaneutral bezeichnet werden. Das Framing seitens des Verkehrsministeriums und des Verkehrsministers Wissing „Verbrennungsmotor + E-Fuels = klimaneutral“ ist nicht nachvollziehbar. Der Streit um E-Fuels ist also absolut berechtigt.

Es wird einige Rechenkünste brauchen, um überhaupt Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor nach 2035 noch zuzulassen – wenn man Transport, Aufwand für Meerwasserentsalzung und Raffinierung sowie die Schadstoffemissionen nicht ausblendet.

Thomas Stölzel von der WirtschaftsWoche indes argumentiert, nur durch diesen Kompromiss könnten Investoren in E-Fuels investieren. Zuvor war angedacht, dass E-Fuels ausschließlich im Bestand zum Einsatz kommen, doch dies sei ein schrumpfender Markt. Original-Zitat: „Da aber die Zahl der Fahrzeuge wegen des Verbrennerverbots massiv sinken würde, hieße das: Die Investoren müssten ihr Geld in einen schrumpfenden Markt stecken. Das wäre betriebswirtschaftlicher Selbstmord.“

Diese Argumentation kann ich für Deutschland und Europa nicht nachvollziehen: Der Verbrennungsmotor ist – das zeigen die Ausstiegsdaten der Hersteller – in Europa mausetot. 2035 werden ausschließlich Nischen wie Sonderfahrzeuge oder Sportwagen der Marken Porsche und Ferrari für E-Fuels in Frage kommen. Das sagt übrigens auch der Volkswagen-Chef Blume.

Kompromiss hat Porzellan zerschlagen

Der jetzige Kompromiss im Streit um E-Fuels hat nicht nur jede Menge Porzellan zwischen EU und Deutschland zerschlagen, sondern er schadet auch dem Klima insgesamt, wie auch Thomas Köhler von der Leipziger Zeitung betont. Das Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor wird damit nicht wahrscheinlicher.

Um es klar zu sagen: E-Fuels sind unerlässlich für die Schifffahrt – hier wird sich e-Methanol durchsetzen – und bis auf Weiteres auch für den Langstrecken-Flugverkehr und Teile des Straßentransportverkehrs. Diese E-Kraftstoffe werden bislang kaum produziert und gelten als knapp, teuer und ineffizient. Daher sollen sie nach dem Willen der EU-Kommission vor allem für den Schiffs- oder Flugverkehr reserviert werden, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann.

Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zufolge reicht die 2035 erwartete Produktionsmenge nicht aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken. Für Pkw bliebe dann ohnehin nichts übrig, selbst wenn alle erhofften Produktionskapazitäten ausgeschöpft werden könnten. Ausgerechnet der Markt wird also nun regeln, was die eigentlich dem Markt zugeneigte FDP verändert hat. Gut, dass der Streit um E-Fuels nun nach dem Eingriff von Macron und Scholz beendet ist.

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