Stromerzeugung: Erneuerbare Energien und Gas drängen Braunkohle und Steinkohle aus dem Markt
Anteil der Erneuerbaren Energien an der Netto-Stromerzeugung steigt im Jahr 2019 auf 46,1 Prozent.
Erneuerbare Energien sorgen im Zuge der erfolgreichen Energiewende zunehmend für die deutsche Netto-Stromerzeugung, der Ausbau geht aber zu langsam voran. Insgesamt lag die Netto-Stromerzeugung im Jahr 2019 bei 515,56 Terawattstunden. Der Anteil der Erneuerbaren Energien stieg im abgelaufenen Jahr auf 46,1 Prozent. Besonders Windenergie trug mehr zur Erzeugung bei, während Kohle aus dem Markt gedrängt wird, so das Fraunhofer ISE-Institut in einer Präsentation.
Während die Erzeugung aus Windkraft im vergangenen Jahr stark (+ 17,3 Terawattstunden) und die aus Wasserkraft deutlich zunahm (+3,4 Terawattstunden, 21,2 Prozent), stagnierte die Solarerzeugung (+ 0,8 Terawattstunden, +1,7 Prozent). Dennoch drängen die immer günstiger werdenden Erneuerbaren Energien Stein- und Braunkohle zunehmend aus dem Markt: Die Leistung der Steinkohle reduzierte sich um 23,7 Terawattstunden, die der Braunkohle um 29,3 Terawattstunden.
Aufgefangen wurde die Lücke zwischen zusätzlicher Stromerzeugung aus Wind, Wasser und Solar und dem Wegbrechen der fossilen Kohlekraft durch mehr Erzeugung der Gaskraftwerke. Sie trugen 9,5 Terawattstunden mehr zum Energiemix bei – das ist ein Zuwachs von 21,4 Prozent. Die Leistung der Kernenergie stagnierte ebenfalls, ging leicht zurück – 0,8 Terawattstunden).
In absoluten Zahlen trugen diese Erzeugungsarten besonders zur Nettostromerzeugung Deutschlands im Jahr 2019 bei:
- Wind 127,2 Terawattstunden
- Braunkohle 102,2 Terawattstunden
- Kernenergie 71,1 Terawattstunden
- Gas 54,1 Terawattstunden
- Steinkohle 48,7 Terawattstunden
- Solarenergie 46,5 Terawattstunden
- Biomasse 44,4 Terawattstunden
- Wasserkraft 19,2 Terawattstunden
Photovoltaik: Zubau von 3,3 Gigawatt im Jahr 2019
Die installierte Photovoltaik-Leistung lag Ende Oktober bei 48,6 Gigawatt – das entspricht einem Zubau von 3,3 Gigawatt. Die maximale Solarleistung wurde am 19. April erreicht: Sie betrug um 13 Uhr ca. 33,5 Gigawatt. Zu diesem Zeitpunkt kamen 48% der gesamten Stromerzeugung aus Photovoltaik. Der maximale Anteil der Solarenergie an der gesamten Tagesenergie aller Stromquellen lag am 29. Juni bei 27 Prozent. Von März bis September 2019 war die monatliche Stromerzeugung von PV-Anlagen höher als die von Steinkohlekraftwerken.
Windenergie: Stärkste Energiequelle
Die Windenergie schaffte eine maximal erzeugte Leistung von ca. 46,7 Gigawatt – das war am 15. März 2019 um 19 Uhr. Die Windenergie war über das Jahr gesehen die stärkste Energiequelle – in acht Monaten übertraf die Windstromrpoduktion die Erzeugung aus Braunkohle, in allen zwölf Monaten lag die Windenergie vor der Kernenergie. Der Anteil von Onshore-Windkraftanlagen betrug 102,6 Terawattstunden, der von Offshore-Windenergie stieg von 19,1 Terawattstunden auf 24,4 Terawattstunden.
Wasserkraft und Biomasse: Mehr Produktion bei gleicher installierter Leistung
Die Wasserkraft produzierte ca. 19,2 Terawattstunden gegenüber 15,9 Terawattstunden in 2018. Die installierte Leistung liegt bei ca. 4,8 Gigawatt und hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Aus Biomasse wurden ca. 44 Terawattstunden produziert. Die Produktion ist seit 2016 leicht rückläufig.
In Summe produzierten die Erneuerbaren Energiequellen Solar, Wind, Wasser und Biomasse im Jahr 2019 ca. 237 Terawattstunden – das sind sieben Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Kernenergie, Braunkohle, Steinkohle
Die Netto-Stromproduktion aus Kernkraftwerken betrug 71,1 Terawattstunden und lag damit leicht unter dem Vorjahresniveau von 71,9 Terawattstunden . Die Bruttostromerzeugung lag ca. 5,8 Prozent bzw. 4,1 Terawattstunden über der Nettostromerzeugung. Braunkohlekraftwerke produzierten 102,2 Terawattstunden netto. Das sind ca. 29,3 Terawattstunden bzw. 22,3 Prozent weniger als in 2018. Die Bruttoerzeugung liegt ca. 7,5 Prozent bzw. 7,7 Terawattstunden über der Nettoerzeugung.
Für den gewollten Rückgang der Stromerzeugung aus Braunkohle sind folgende Faktoren maßgeblich:
- Höhere Preise für CO2-Zertifikate: Lag der Preis 2017 noch bei 5,77 Euro pro Tonne, waren es 2018 schon 15,78 Euro pro Tonne. Im vergangenen Jahr stieg der Preis je Zertifikat auf 24,80 Euro.
- Höhere Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien
- Niedrigere Börsenstrompreise – der EPEX Spotpreis Day Ahead sank von 43,89 auf 36,64 Euro pro Megawattstunde
- Geringerer Stromverbrauch
- Weniger Stromexporte
Die Nettoproduktion aus Steinkohlekraftwerken betrug 48,7 Terawattstunden. Sie war um 23,7 Terawattstunden bzw. 32,8 Prozent niedriger als im Jahr 2018, in dem 72,4 Terawattstunden netto produziert wurden.
Gaskraftwerke haben 54 Terawattstunden netto für die öffentliche Stromversorgung produziert. Sie lagen damit 9,5 Terawattstunden bzw. 21,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Gründe für die Steigerung sind u.a. die niedrigen Gaspreise und die hohen CO2-Zertifikatspreise. Gaskraftwerke im Bergbau und verarbeitenden Gewerbe produzierten zur Eigenstromversorgung zusätzlich 20 bis 25 Terawattstunden.
16 Gigawatt Solar fehlen für optimales Verhältnis
Wind- und Solarenergie ergänzen sich grundsätzlich perfekt, um ihre Volatilität auszugleichen. Allerdings fehlten im Jahr 2019 16 Gigawatt installierte Solarleistung, um das optimale Verhältnis Wind zu Solar zu erreichen. Das könnte sich in den kommenden Monaten ein wenig ändern, weil die Windkraftinstallation komplett am Boden liegt, während es zusätzliche Anreize für mehr Photovoltaik gibt.
Faktisch ist aber beides nötig: Weiterer Ausbau der Windkraft an Land / auf dem Meer einerseits und die Beschleunigung des Ausbaus der Solarenergie auf Wohnhäusern, Hallendächern, Industriegeländen, öffentlichen Gebäuden und als Freifläche. Gelingt das, wird auch die Energiewende weiterhin so erfolgreich bleiben, wie sie heute bereits ist.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.