Strompreisbremse: Ampel will Netzumlage durch Abschöpfung der Zufallsgewinne reduzieren

Als Teil des Entlastungspakets III hat die Bundesregierung die Einführung einer Strompreisbremse beschlossen. Damit sollen die Energiekosten gesenkt werden.

Die Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz hat am 4. September 2022 die Einführung einer sogenannten Strompreisbremse angekündigt. Damit sollen die Verbraucher, denen die Energiekrise zu schaffen macht, bei den Stromkosten entlastet werden. Die Bremse besteht aus zwei Elementen: Einer Basispreisgarantie und der Reduzierung der Netzumlage. Finanziert werden die Entlastungsmaßnahmen durch die Abschöpfung von Zufallsgewinnen, die sich aus dem Merit-Order-Marktmechanismus ergeben.

Die Strompreisbremse, die einen zweistelligen Milliardenbetrag umverteilen soll, wird durch die Abschöpfung solcher Gewinne finanziert, die aufgrund des Merit-Order-Marktmechanismus entstehen. Die Koalition nennt diese Gewinne Zufallsgewinne. Diese resultieren daraus, dass beim Merit-Order-Mechanismus der günstigste Anbieter den Zuschlage erhält, aber zum höchsten, gebotenen Preis.

Da derzeit Gaskraftwerke mitbieten, die angesichts der Gaspreise hohe Kosten haben, entstehen Übergewinne, mit denen die Anbieter von Erneuerbaren Energien, Kohle- und Atomstrom nicht gerechnet haben. Genau diese Über- oder Zufallsgewinne wird die Koalition abschöpfen. Und: Sich in der Europäischen Union gleichzeitig dafür einsetzen, dass auch Übergewinne von Energieunternehmen außerhalb des Strommarktes einbezogen werden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in der ablaufenden Woche eine ähnliche Maßnahme in Aussicht gestellt, um die aktuellen Schieflagen auf den europäischen Strommärkten zu beseitigen. Kanzler Scholz sagte nun, Deutschland wolle die Zufallsgewinnsteuer rasch auf Basis der EU-Entscheidungen einführen. Sollte dies aber zu lange dauern, werde man mit den eigenen Vorhaben bereits voranpreschen.

Höchstwert für Erlöse am Spotmarkt

Um ein Gespür dafür zu bekommen, wie viele Milliarden durch die Abschöpfung der Zufallsgewinne in Richtung Strompreisbremse umverteilt werden können, genügt ein Blick auf das Konto der EEG-Umlage. Dieses ist derzeit mit mehr als 17 Milliarden Euro im Plus – und zwar exakt wegen dem Marktmechanismus Merit-Order, die in gewöhnlichen Zeiten Sinn ergibt, in der jetzigen Krise aber kontraproduktiv wirkt. Ob die schon entstandenen Gewinne ebenfalls an die Bürger zurückgegeben werden, ist aber nicht klar.

Konkret wird für die teilweise Abschöpfung von Zufallsgewinnen ein Höchstwert für die Erlöse am Spotmarkt festgelegt. Der jeweilige Differenzbetrag zwischen dem Großhandelspreis und dieser Obergrenze wird an die Verteilnetzbetreiber abgeführt. Dafür dient die Infrastruktur als Basis, die für die EEG-Umlage bereits existiert – nur umgekehrt eingesetzt.

Strompreisbremse mit Entlastungswirkung

Als Strompreisbremse im engeren Sinne bezeichnet die Bundesregierung ein Instrument, das den Privathaushalten eine „gewisse Menge Strom“ zu einem vergünstigten Preis gutschrieben werden soll. Damit ist der sogenannte Basisverbrauch gemeint. Damit werden die Haushalte entlastet – und obendrein gibt das Instrument einen Anreiz, zum Energiesparen. Für kleine und mittelständische Unternehmen mit Versorgertarif greift dieselbe Abwicklung wie für Haushalte.

Wie hoch die Entlastung am Ende ausfallen wird, hängt von der Entwicklung der Strompreise ab.

Dämpfung der Netzentgelte

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Kosten für die Eingriffe in den Strommarkt stark steigen werden. Das hat mit den hohen Gaspreisen zu tun. Diese Redispatch-Kosten fallen für Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen im deutschen Stromnetz an, deren Kosten über die Netzentgelte auf den Strompreis umgelegt werden und so am Ende die Verbraucher zusätzlich belasten. Die steigenden Redispatch-Kosten werden zu stark steigenden Übertragungsnetzentgelten führen, die ab dem 1. Januar 2023 greifen würden.

Genau diese Preissteigerungen sollen zusätzlich als quasi zweite Säule der Strompreisbremse durch die Abschöpfung der Übergewinne finanziert werden.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

Energiewende News - Die JahrhundertaufgabeErneuerbare Energie