Allein in 2020 und 2021 sind mehr als 128.000 kleine Solaranlagen für Fassade und Balkon verkauft worden.
Wie relevant ist eigentlich das Thema Balkonkraftwerke, Steckersolargeräte oder Mini-Photovoltaik für die Deutschen und die Energiewende? Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) hat gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und EUPD Research eine Umfrage durchgeführt, die eine Abschätzung des Marktvolumens für Guerilla-PV-Anlagen ermöglicht. Demnach wurden alleine im Zeitraum 2020 bis 2021 128.000 Anlagen für Mini-Photovoltaik verkauft. Mit einer Leistung, die größer ist, als bislang angenommen.
Konkret haben die 128.000 Anlagen für Mini-Photovoltaik eine Leistung von 51 Megawatt. Alle bisher verkauften Anlagen schaffen den Angaben zufolge 66 Megawatt. Und der Boom der Balkonsolargeräte geht gerade erst so richtig los – bedeutet: Das Potenzial ist weitaus größer, wenn nicht hunderttausendfach, sondern millionenfach einzelne Solarmodule an Balkone, Fassaden oder Dächer von Gartenhäusern angebracht werden. Dem entgegen steht die derzeit oft schlechte Verfügbarkeit der Anlagen.
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Trotz der Leistung von 66 Megawatt handelt es sich bei Mini-Photovoltaik um einen Nischenmarkt der Solarenergie. An der Umfrage der HTW Berlin und der Partner haben 58 von 156 hierzulande aktiven Anbieter für solche Steckersolargeräte teilgenommen. Das Ergebnis: Es bildet sich ein dynamisch sich entwickelnder Markt heraus.
Bisher dominieren einige größere Anbieter den Markt, gleichzeitig sorgen neue Anbieter und die vielen kleineren Unternehmen für einen regen Wettbewerb. Drei Viertel der Geräte werden direkt an die Endnutzer:innen verkauft. Absatzwege über die Handelsketten werden bisher noch kaum genutzt. Für die Marktentwicklung bedeutet dies noch viel Luft nach oben.
Prof. Dr. Barbara Praetorius von der HTW Berlin, Mitautorin der Studie
Balkon-Solaranlagen sind aus gesellschaftlicher Sicht extrem bedeutsam: Sie stellen sicher, dass auch Mieter von der kostenlosen Energie aus der Sonne profitieren können. Aber: Für noch deutlich mehr Marktduchdringung ist die Vereinfachung der Anmeldung und Installation solcher Balkonkraftwerke essentiell. Heute fordern Netzbetreiber immer noch Wieland-Steckdosen aus vorgeschobenen Sicherheitsgründen. Und die Anmeldung der Balkonsolar könnte deutlich einfacher sein. Auch deshalb wird nur jede fünfte Anlage angemeldet, was wiederum schlecht ist.
Dass aufgrund bestehender Hürden gerade die aussichtsreichsten Anwendungsfälle wie Balkone und Terrassen in Mehrfamilienhäusern noch kaum erschlossen werden, zeigt ein anderes Ergebnis der Studie: „Wir hatten bereits vermutet, dass der Balkon nicht die größte Rolle beim Montageort des Solarmoduls spielt. Nur jedes dritte Gerät ist dort zu finden. Die Hälfte der Geräte wird mit einer Aufständerung auf das Flachdach oder in den Garten gestellt,“ sagt Praetorius. „Dies lässt darauf schließen, dass die Mieter:innen bislang noch nicht gut erreicht werden.“ Wer die Nutzer:innen von Mini-Photovoltaik derzeit sind und welche Präferenzen sie haben, ist Gegenstand einer aktuell laufenden Nutzer:innen-Umfrage der HTW Berlin.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.