Sunfire-Aktie oder Verkauf denkbare Szenarien. Ziel: Ein europäischer Elektrolyse-Champion, vergleichbar mit Vestas bei Windenergie.
Nils Aldag ist ein Unternehmer, dem mittlerweile zugehört wird: Bill Gates fragt ihn nach dem Ökosystem für Klima-Startups in Europa, mit Robert Habeck fliegt Aldag in den Nahen Osten und den Handelsriesen Amazon hat er davon überzeugt, in seine Wasserstoff-Elektrolyseure zu investieren. Das Dresdner Cleantech-Unternehmen Sunfire, das Aldag 2010/11 mit zwei Mitstreitern gründete, ist mittlerweile ein großer Mittelständler geworden. Entsteht hier ein künftiger DAX-Konzern?
Nils Aldag ist kein Schaumschläger, der mit einem Börsengang kokettiert, um sich für Investoren oder Kunden interessant zu machen. Dabei ist die Sunfire-Aktie durchaus ein Szenario, das in den 20er Jahren Realität werden könnte, wie jetzt die WirtschaftsWoche berichtet. Es wäre ein Novum, würde es gelingen, Sunfire eines Tages zum DAX-Konzern zu machen: Derzeit gibt es kein börsennotiertes DAX-Unternehmen, das seinen Hauptsitz in Ostdeutschland hat.
Das Markpotenzial alleine in Europa zur Herstellung von Elektrolyseuren zur Herstellung von grünem Wasserstoff ist groß. Die EU hat sich vorgenommen, bis 2030 10 Millionen Tonnen (100 Gigawatt) des Gases auf heimischem Boden herzustellen. Dafür sind 10.000 Elektrolyseure à 10 Megawatt nötig wie sie Sunfire heute bereits mit einer Kapazität von 250 Megawatt pro Jahr herstellt. Jeder 10-Megawatt-Elektrolyseur kostet heute 10 Millionen Euro – ein Preis, der durch die Skalierung der Produktion sinken soll.
Allerdings ist die Frage, wie sich das gewaltige Potenzial aufteilen wird: Mit Siemens Energy oder nucera (ThyssenKrupp) gibt es deutsche Konkurrenten ebenso wie etwa Nel Hydrogen als europäische Marktteilnehmer. Und natürlich ist auch China bereits im Bereich der Elektrolyseure engagiert – wobei die Komplexität und die notwendige Integrationsfähigkeit in industrielle Prozesse durchaus Eintrittsbarrieren für chinesische Anbieter auf europäischem Gebiet sind.
Während Thyssenkrupp Nucera und Siemens Energy bereits börsennotiert sind und somit Zugang zu den Kapitalmärkten haben, hat Sunfire gerade in den letzten drei Jahren erhebliche Kapitalmengen eingeworben: Mit Venture Capital etwa von Amazon und klassischen Impact Investoren sowie Fördermitteln fast eine Milliarde Euro seit der formalen Gründung 2011. Mit diesem Kapital hat Aldag einen professionellen Mittelständler mit etwa 600 Mitarbeitern aufgebaut.
Ziel: Europäischer Elektrolyse-Champion
Der Sunfire-IPO und darauf folgend sogar der Einzug in den DAX ist in der Zukunftsperspektive des Unternehmens durchaus eine Option, wie Aldag im OMR-Podcast erläutert. Denkbare Option ist es aber auch, dass der Elektrolyse-Spezialist bis Ende der Dekade an einen der Konkurrenten verkauft wird, um so einen europäischen Elektrolyse-Champion zu kreieren.
Entscheidend wird sein, wie schnell es den Anbietern gelingt, wettbewerbsfähig mit fossilem Wasserstoff zu werden. Dieser kostet heute 2 Euro pro Kilogramm – durch die CO2-Abgabe kommt ein weiterer Euro hinzu. „Wir sind aktuell bei 5 Euro – müssen also um weniger als den Faktor 2 runter mit den Kosten. Das ist machbar“, findet der heutige CEO, der 23 Jahre alt war, als er nach dem Studium ins Abenteuer Unternehmensgründung startete.
Haupttreiber für die Kostensenkung und die nachzuweisende Profitabilität sind die Größenvorteile durch die wachsende Produktionsmenge (Economies of Scale) sowie die Regulierung, die den Wasserstoffmarkt richtig öffnen wird. In Kürze muss das europäische Recht in deutsche Gesetze umgesetzt werden – das dürfte den endgültigen Durchbruch für die Wasserstoff-Technologie bedeuten.
Ob Sunfire also ein künftiger DAX-Konzern wird, ist heute noch nicht absehbar. Klar ist, dass die Investoren schon viel Geduld mitbringen mussten. Ein Börsengang in den kommenden vier, fünf Jahren könnte es ermöglichen, diese Rendite schon bald zu erwirtschaften. Bislang ist die Sunfire-Aktie aber nur eine von mehreren Optionen für die Dresdner – aber schon heute ist in Sachsen eine echte Cleantech-Erfolgsstory entstanden, die großes Zukunftspotenzial hat. Mit oder ohne IPO und DAX-Teilnahme.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.