Superenergie: Tony Seba-Studie zu Solar, Wind und Co.
Neuer Energiewende-Report zu Superenergie: „Rethinking Energy 2020-2030: 100% Solar, Wind und Batterien ist erst der Anfang“.
Eine Studie aus dem Think Tank von Tony Seba zeigt, dass die ideale Kombination aus Solarenergie, Windkraft und Batteriespeicherung zu einer Art Superenergie führt, die wiederum neue Geschäftsmodelle ermöglicht. Aus Sicht der Autoren von „Rethinking Energy“ sollte die Stromversorgung vieler Staaten bis 2030 entsprechend umgebaut werden. Ein Superenergie System liefert zwei- bis dreimal mehr Gesamtenergie als bestehende Stromnetze in den bevölkerungsreichsten Regionen weltweit. Kann auch Deutschland eines Tages von dieser, fast kostenlosen Energie profitieren?
Tony Seba und sein Think Tank RethinkX waren im vergangenen Jahrzehnt überaus erfolgreich darin, die Disruption von Energie- oder Transportsystemen vorauszusagen. In der neuesten Studie, die unten zum kostenlosen Download zur Verfügung steht, legen die Autoren dar, wie aus der besten Kombination aus Batteriespeichern mit Solar- und Windenergie eine Art Superenergie entstehen kann, die neue Industrien und Arbeitsplätze kreiert – und damit neue Milliarden-Werte schafft.
Wie Märkte bei einer Disruption regelrecht umgekrempelt werden, zeigt dieser Beitrag.
Herzstück von „Rethinking Energy“ ist die oben abgebildete U-Kurve – von Seba als „Clean Energy U-Curve“ bezeichnet. Sie zeigt, unter welchen Bedingungen ein vollständig auf Solar, Wind und Batterien basierendes Stromsystem kostenoptimal ist. Das ist dann der Fall, wenn die vierfache Gesamtenergie erzeugt wird im Vergleich zu einem herkömmlichen Stromsystem auf Basis fossiler Energieträger.
Der besondere Clou: Dadurch entsteht eine große Menge grüner Energie zu Grenzkosten, die nahe Null sind. Im derzeit bestehenden Mix der Energiesystems aus alten und neuen Strukturen sind diese Überkapazitäten ein Ärgernis. Im vollständig auf erneuerbare Energien umgestellten System hingegen von größtem Nutzen für die jeweilige Volkswirtschaft.
Aus geopolitischer Sicht lässt sich sogar klar sagen, dass die Länder, die zuerst Superenergie ernten, ihre Wirtschaft und Industrie besonders stärken und den Wohlstand verbessern.
Eine andere Konsequenz: Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke werden durch das günstige Stromangebot in den Ruin getrieben. Außerdem können die Kosten für die Verbraucher drastisch gesenkt werden, so eines der Ergebnisse der RethinkX-Studie von Tony Seba.
„Die Auswirkungen sind tiefgreifend: Ein entsprechendes Energiesystem kann nicht nur einige der kritischsten Herausforderungen moderner Industriegesellschaften lösen, sondern zu vielen neuen Geschäftsmodellen und Industrien führen, die gemeinsam mit Weltwirtschaft verändern. Denn: Wenn ein System im Überfluss Strom zu Grenzkosten nahe Nul erzeugt, ist das Potenzial für neue Wertschöpfung grenzenlos. Das ist eine Superenergie-Lösung“, so Studienautor Tony Seba.
Aus dem Stromnetz wird das Supergrid
Das Stromnetz, wie wir es kennen, wird sich demnach rasch zu einem flexibleren und leistungsfähigeren System, einer Art Supergrid, entwickeln – vergleichbar mit dem Wandel des Festnetz-Telefonnetzes zum Internet. RethinkX hat über das Seba Technology Disruption Framework die disruptive Entwicklung des Energiesystems konkret beleuchtet.
Dabei wurden konservative Verläufe der Technologiekosten für Solar, Wind und Batterien verwendet – und einschränkend Energieimporte, technologische Durchbrüche, Subventionen oder andere Verbesserungen ausgeschlossen. Am Beispiel der drei Stromsysteme von Kalifornien, Texas und New England wird das Potenzial der Superenergie aufgezeigt.
Passend zu den Gedanken von Tony Seba ist auch dieser Artikel, in dem es darum geht, dass die „Schnelle Energiewende“ die Kosten um zwölf Billionen Euro senkt. In unserem Hauptartikel zur Energiewende geht es insgesamt um das große Projekt.
Sebas Clean Energy U-Curve
Die Analyse zeigt einen „fundamentalen Kostenkompromiss“ zwischen Energieerzeugung und Speicherkapazität. Dieser folgt einer konvexen Kostenfunktion, die als Clean Energy U-Curve bezeichnet wird. Wird das Energiesystem anhand dieser nichtlinearen Kurve optimiert, sind 100-Prozent-SWB-Systeme die billigste Option für die Erzeugung von zusätzlichem Strom – in vielen Fällen sogar billiger im Vergleich zu den Kosten für das Betreiben bereits existierender fossiler Energieerzeugungsanlagen oder Kernkraftwerken.
Die Studie errechnet, dass die Superenergie in Kalifornien bei 309 Terawattstunden liegen wird, wenn das System zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien und Batterien besteht. Zum Vergleich: Der heutige Strombedarf liegt bei 285 Terawattstunden.
Für die gesamten Vereinigten Staaten von Amerika sind Investitionen von weniger als zwei Billionen US-Dollar kalkuliert. Dadurch entstehen durchschnittliche Erzeugungskosten für Strom von weniger als drei Cent, wenn mehr als die Hälfte der Superenergien genutzt werden. Diese drei Cent pro Kilowattstunde sind wenig als die durchschnittlichen Kosten für den Weiterbetrieb bestehender Kohle- und Gaskraftwerke.
Superenergie verdrängte fossile Energieträger
Aber der Nutzen der Superenergie geht noch viel weiter: In einem solchen System ist der Strom so reichlich und günstig, dass bis zur Hälfte des gesamten, fossilen Energieverbrauchs damit ersetzen könnte. In Kombination mit Elektrofahrzeugen kann auch im Straßenverkehr die der gesamte Verbrauch fossiler Brennstoffe und Treibhausgasemissionen eliminiert werden – und so den CO2-Fußabdruck der USA bis 2030 halbieren.
„Es geht nicht mehr darum, ob es zu einer Disruption hin zur SWB-Energieversorgung kommen wird. Es geht nur noch darum, wann und wo“, sagte James Arbib, Mitbegründer von RethinkX. „Das Timing und die sozialen, wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Herausforderungen könnten nicht höher sein: Die tatsächlichen Ergebnisse hängen von den Entscheidungen ab, die heute getroffen werden, und diejenigen, die aktiv vorangehen, statt hinterherzurennen oder Widerstand zu leisten, werden massiv davon profitieren.“
Download der Studie von RethinkX (Der Artikel entstand ursprünglich im November 2020)
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
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Nachvollziehbar. Wir sehen ja, dass wir jetzt auf besten Wege dazu sind: Durch die Elektromobilität sinken die Akkupreise gerade enorm. Solaranlagen werden immer besser und günstiger. Windanlagen laufen oft dann am besten, wenn auch die Solarenergie auf Hochtouren produziert. Aktuell führt das noch zu negativen Strompreisen, damit man zu diesen Zeiten auf gar keinen Fall einspeist. Mit Speicherkapazität sieht die Sache anders aus.
Problem der Vergangenheit waren die Stromanbieter selber, die aus alter Zeit stammten und ihre veralteten Kraftwerke mitbrachten. Jetzt gibt es schon einige neue Anbieter, die man als start ups bezeichnen könnte, und es wird eine neue Kategorie Stromanbieter in den Markt treten, das werden Automobilunternehmen sein.
Als Stromlieferant werden also die traditionellen Unternehmen scheitern. Leider ist das nicht die volle Wahrheit, zum Beispiel unser lokaler Stromversorger sitzt wie ein Zuhälter auf der Fernwärme und dem Wasser. Bei der Fernwärme gibt es Zwangsanschlüsse per Bebauungsplan, da könnte man nur ökologisch zuheizen und den Anteil Fernwärme auf Null fahren, müsste aber immer noch die Grundkosten tragen. Beim Wasser bleibt man vollständig ausgeliefert.