Supraleiter der Karlsruher Wissenschaftler könnte sogar das elektrische Fliegen ermöglichen – eines Tages.
Supraleiter gelten seit Jahren als ein Hoffnungsträger, um Transport elektrischer Energie über große Distanzen weniger verlustreich zu machen. Doch lange hörte man zuletzt kaum Fortschritte bei der Entwicklung der Technologie der Energiewende. Heute gab das KIT nun bekannt, ein vielseitiges Supraleiterkabel erforscht zu haben, das auf einfache Weise industriell gefertigt werden kann.
Ob für die Anbindung von Windparks, für die Gleichstromversorgung auf Schiffen oder sogar für leichte und kompakte Hochstromleitungen in künftigen vollelektrischen Flugzeugen: Das Supraleiterlabel aus Karlsruhe transportiert elektrische Energie bei moderater Kühlung nahezu verlustfrei. Diese Eigenschaft macht Supraleiter interessant für vielfältige Anwendungen.
In der Regel ist dafür allerdings eine Kühlung mit flüssigem Helium auf eine Temperatur nahe minus 269 Grad Celsius notwendig. Das neue Kabel, der Hochtemperatursupraleiter Cross Conductor (HTS CroCo), ist schon bei minus 196 Grad Celsius einsatzbereit. Das liege an dem speziellen Material, das bei der Produktion verarbeitet werde, so die Wissenschaftler des KIT zum neuen Supraleiter. Zum Einsatz kommt Rare-Earth Barium-Copper-Oxide (kurz REBCO), dessen supraleitende Eigenschaft schon seit 1987 bekannt ist.
Wir haben nun eine Methode entwickelt, bei der mehrere REBCO-Bänder kreuzförmig angeordnet werden. Dabei entsteht ein Kabel für sehr hohe Ströme
Dr. Walter Fietz vom Institut für Technische Physik (ITEP) des KIT
Die hohe Stromtragfähigkeit des Supraleiters HTS CroCos spart Platz und Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Kabeln aus Kupfer- oder Aluminium. Auch die Herstellung des Kabels verläuft besonders effizient: In einem innovativen Fertigungsverfahren, das am KIT entwickelt wurde, werden mehrere Herstellungsschritte miteinander kombiniert. In einer Demonstratorfertigung hat das KIT bislang eine Geschwindigkeit von einem Meter pro Minute erreicht.
Hohe Kosten für Supraleiter verhindern Massenproduktion – noch
In einer entsprechend skalierten industriellen Fertigungsanlage wären Kabellängen von mehreren 100 Metern und mehr denkbar, was Kosten spart. Da die supraleitende Schicht, die den hohen Strom trägt, in den fertigen Kabeln nur wenige tausendstel Millimeter dick ist, halten sich auch die Materialkosten in Grenzen. Der Massenproduktion stünden bislang noch hohe Kosten bei der REBCO-Bänder-Herstellung entgegen – die Industrie entwickle aber neue Verfahren.
Der CroCo eignet sich für die energiesparende Erzeugung starker Magnetfelder, aber auch zum Transport großer Mengen elektrischer Energie. Damit ließen sich zukünftig beispielsweise große Windparks oder Solarkraftwerke in das Stromnetz integrieren und Stromautobahnen schlanker gestalten. Wird zur Kühlung des CroCo flüssiger Wasserstoff genutzt, können sogar chemische und elektrische Energie gemeinsam transportiert werden.
Prinzipiell lasse sich ein CroCo-Supraleiter überall dort einsetzen, wo wenig Raum zur Verfügung stehe, aber viel elektrische Energie transportiert werden solle, so Fietz. Denkbar sei deshalb auch eine Anwendung in Schiffen und sogar in zukünftigen vollelektrischen Flugzeugen.
Schon 2011 berichteten wir über Supraleiter und deren Potenzial in diesem Artikel. Es bleibt zu hoffen, dass diese wichtige Technologie der Energiewende nun endlich industriell zu vertretbaren Kosten hergestellt wird.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.