Synhelion: Letzter technischer Meilenstein für Solarkerosin

Synhelion etabliert die Sun-to-Liquid-Technologie zur Herstellung von Flugzeugtreibstoffen im industriellen Maßstab.

Es ist ein weiterer, gewaltiger Meilenstein für Synhelion und die Luftfahrt: Nachdem die Schweizer Fluggesellschaft SWISS im Juli 2022 bekanntgab, Solarkerosin von Synhelion einsetzen zu wollen, hat das Schweizer Cleantech-Startup nun den entscheidenden technischen Nachweis erbracht, dass seine Technologie im industriellen Maßstab funktioniert. Beim Sun-to-Liquid-Verfahren wird kohlendioxid-neutrales Kerosin aus konzentriertem Sonnenlicht hergestellt.

Sie haben ihn geschafft, den letzten technischer Meilenstein auf dem Weg zum Solarkerosin: Synhelion ist es im August 2022 als erstem Unternehmen weltweit gelungen, im industriellen Maßstab Synthesegas ausschließlich mit Solarwärme als Energiequelle herzustellen. Dies demonstrierten die Schweizer erfolgreich auf dem Multifokus-Solarturm des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Jülich. Damit wurde der letzte entscheidende technische Meilenstein für die industrielle Produktion CO2-neutraler Flugzeugtreibstoffe und sogenanntem Solarkerosin erreicht.

Synhelion hat ein solarthermisches Verfahren für die Produktion von synthetischen Treibstoffen entwickelt, das keinen Strom benötigt. Die Technologie nutzt Hochtemperatur-Solarwärme für die Herstellung von Synthesegas, woraus anschließend in industriellen Standardprozessen flüssiger Treibstoff wie Kerosin, Benzin oder Diesel synthetisiert wird. Dieser Treibstoff ist mit herkömmlichen Flugzeugtriebwerken und Verbrennungsmotoren kompatibel.



Durch die erfolgreiche Herstellung von solarem Synthesegas haben wir den Traum der Umwandlung von Sonnenlicht in Treibstoff industrietauglich gemacht. Der letzte große technische Meilenstein bei der Skalierung unserer Technologie ist damit geschafft. Nun ist der Weg geebnet für die industrielle Herstellung CO2-neutraler Flugzeugtreibstoffe, mit der wir nächstes Jahr in Jülich beginnen wollen.

Synthesegas ist eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid. Die benötigten Ausgangsstoffe für die Herstellung sind Wasser und Kohlenstoff. Synhelion verwendet RED-II zertifiziertes CO2 sowie Methan aus Bioabfällen, um eine saubere Produktion zu realisieren. Die Umwandlung der Ausgangsstoffe in flüssige Treibstoffe benötigt sehr viel Energie. Mit der Technologie von Synhelion gelingt das mit der Kraft der Sonne.

Neben SWISS auch Lufthansa an Bord

Auch die Lufthansa Group, zu der SWISS zählt, hat eine strategische Zusammenarbeit zur Markteinführung von solarem Treibstoff vereinbart. Im Juli 2022 vermeldete Synhelion, das Unternehmen habe erstmals Kerosin hergestellt.

Zuletzt sorgte Synhelion für Furore, weil das Cleantech-Unternehmen aus Zürich solaren Klinker für die Zementherstellung produzierte. Das Spin-Off der ETH Zürich hat sich die ganz großen Themen der Dekarbonisierung vorgenommen – sowohl die Luftfahrt als auch die Zementherstellung zählen definitiv dazu.

„Wir glauben an eine globalisierte Welt, die durch klimafreundliche Mobilität verbunden ist. Mit unserem CO2-neutralen Solarkerosin der nächsten Generation bieten wir einen wirtschaftlichen und ressourcenschonenden Ersatz für fossile Treibstoffe“, sagt Synhelion CEO und Mitgründer Dr. Philipp Furler. „Wir sind stolz, als weltweit erste Airline mit Solarkerosin fliegen zu können“, ergänzt der CEO von SWISS, Dieter Vranckx.

In diesem Jahr 2022 will Synhelion in Jülich die weltweit erste Anlage zur industriellen Produktion
solarer Treibstoffe bauen. An 2023 soll SWISS dann Solarkerosin abnehmen. Die vereinbarte Partnerschaft umfasst weiter die Unterstützung durch SWISS und die Lufthansa Group bei der Entwicklung von Synhelions geplanter kommerzieller Treibstoffanlage in Spanien.

Zur Erreichung ihrer Klimaziele will die Fluggesellschaft SWISS die Nutzung von SAF in den nächsten
Jahren signifikant ausbauen. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit werden Alternativen zu
Biotreibstoffen wie eben Solarkerosin benötigt. „Aus diesem Grund setzen wir uns für die Entwicklung von Solartreibstoff ein und möchten bei dessen Nutzung eine Vorreiterrolle übernehmen“, sagt Vranckx. „Das Engagement mit Synhelion ist ein zentrales Element der langfristigen Nachhaltigkeitsstrategie von SWISS.“

Synhelion stellt Kerosin aus Wasser, CO2 und Sonnenergie her

Das Interesse der Industrie an dem nachhaltigen Kerosin von Synhelion ist mit der Kooperation mit SWISS verbrieft. Jetzt, im Juli 2022, ist dem Cleantech-Unternehmen ein ganz wichtiger Durchbruch gelungen: „Wir sind die ersten, die die gesamte thermochemische Prozesskette von Wasser und CO2 bis hin zu Kerosin in einem voll integrierten Solarturmsystem demonstrieren“, so Prof. Aldo Steinfeld in einem neuen, wissenschaftlichen Papier.

Der Prozess für die Herstellung von Solarkerosin läuft wie folgt: 169 Spiegel richten sich nach dem Sonnenstand aus und reflektieren die Sonnenstrahlen zu einem Brennpunkt. Dort wird Prozesswärme zwischen 1.000 und 1.500 Grad erzeugt. Und genau diese Wärme wird gebraucht, um den künstlichen Treibstoff zu produzieren.

Anschließend passiert Folgendes: „Die konzentrierte Sonnenenergie treibt dann Oxidations-Reduktions-Reaktionszyklen (Redox) im Solarreaktor an, der eine poröse Struktur aus Ceroxid enthält. Das Ceroxid – das nicht verbraucht wird, sondern immer wieder verwendet werden kann – wandelt Wasser und CO2, die in den Reaktor eingespritzt werden, in Synthesegas um, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Anschließend wird das Synthesegas in einen Gas-zu-Flüssig-Konverter geleitet, wo es schließlich zu flüssigen Kohlenwasserstoff-Kraftstoffen wie Kerosin und Diesel verarbeitet wird.“

Synhelion Solarturm.

Im Juli 2022 ist es den Forschern zufolge erstmalig geglückt, die Anlage mit einem für die industrielle Umsetzung relevanten Setup zu betreiben. Handicap: Noch ist die Energieausbeute gering. Der Energiewirkungsgrad des Solarreaktors lag zuletzt bei vier Prozent. Steinfelds Team hofft, durch Verbesserungen der Anlage den Wirkungsgrad in Richtung 15 Prozent bringen zu können.

Das Forschungsprojekt ist Teil der SUN-to-LIQUID-Initiative der European Climate, Infrastructure and Environment Executive Agency (CINEA). In Zukunft wollen Steinfeld und Synhelion zusätzlich CO2 verwenden, das direkt aus der Luft abgeschieden wird. Beispielsweise geliefert von einem weiteren Spinoff der ETH Zürich: Climeworks.

Nächster Schritt: Produktion von Solarkerosin

Mit der erfolgreichen Herstellung von Synthesegas im industriellen Maßstab im August 2022 hat Synhelion einen zentralen Meilenstein in der Skalierung der Sun-to-Liquid-Technologie erreicht. Als nächsten Schritt baut Synhelion nun ebenfalls in Jülich die weltweit erste industrielle Anlage für Solartreibstoffe, die die gesamte Prozesskette vom konzentrierten Sonnenlicht bis zu den flüssigen Treibstoffen in industriellem Maßstab demonstrieren soll.

Diese Anlage wird im Rahmen des SolarFuels-Projekts umgesetzt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird. Die Anlage soll im Jahr 2023 in Betrieb genommen werden und das Solarkerosin produzieren, das die Fluggesellschaft SWISS als Erstabnehmerin bekommen soll.

Dieser Beitrag über Synhelion entstand zunächst am 3. März 2022, wurde aber am 21. August 2022 überarbeitet und erweitert.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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