Tesla Battery Day: Rückblick, Reaktionen und Konsequenzen

„Revolution“ und „Quantensprung“ sind nur zwei Reaktionen rund um die Tesla Battery Day Revolution.

Das Team um Tesla-CEO Elon Musk hat für die phänomenale Präsentation seiner Strategie zur Beschleunigung des Übergangs zu erneuerbaren Energien viel Zuspruch erhalten. Ein Nobelpreisträger für Chemie bewunderte den Mut, das Risiko all der vorgestellten Veränderungen rund um Batterie und Fahrzeugdesign anzugehen, ein anderer Batterieforscher sprach von „Revolution“ und „Quantensprung“. Die Börsianer indes gutierten die Ankündigungen am Tesla Battery Day zunächst nicht.

Die Fakten rund um die Präsentation von Elon Musk am Tesla Battery Day und eines Tesla-Ingenieurs sind immer noch schwer zu fassen – zu revolutionär, zu magisch sind die Ambitionen und Möglichkeiten, die sich aus den mutigen Entscheidungen des Technologieunternehmens ergeben. Tesla hat im Grunde alle Schritte der Zellentwicklung teilweise radikal verändert – immer mit dem Ziel, sowohl Kosten einzusparen als auch die Skalierungsmöglichkeiten zu verbessern.

Folgende Verbesserungen sollen durch vertikale Integration durch Veränderungen am Zelldesign, am Anodenmaterial, der Kathode und der Fahrzeugintegration erreicht werden:

Vertikale Integration: Mannigfaltige Vorteile für Tesla
  • Steigerung der Reichweite um 54 Prozent
  • Reduktion der Kosten für Dollar pro Kilowattstunde um 56 Prozent auf deutlich unter 100 US-Dollar / kWh
  • Verringerung der Investitionen (CAPEX) pro Gigawattstunde Produktion um 69 Prozent

Aus Sicht von Tesla-Kenner Sandy Munro (Munro Associates) zeigen diese Änderungen: „Wenn Sie in ICE-Fahrzeuge investiert haben, sind Sie am Arsch.“ Und vor Analyst Sam Korus ist klar: „Mit dem Model S begann der Sturz Autos mit Verbrennungsmotor. Der Battery Day versetzte dem Automobil den letzten Schlag.“

Dabei fehlt auf der Folie ein ganz wichtiger Aspekt: Der Platzbedarf einer künftigen Terafactory ist um den Faktor 10 niedriger als der der 2018 gebauten Gigafactory mit einer Jahreskapazität von 150 Gigawattstunden.

Weniger Platz, viel mehr Output: Teslas Terafactory.

Musk und sein Team haben angesichts der Finanzkraft und der Qualität der im Konzern vorhandenen Ingenieure die Chance genutzt, Zellproduktion von grundauf neu zu denken. Sie interessierten sich nicht für kleine Schritte, sondern waren getrieben von dem Gedanken, endlich den Wandel hin zu erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Genau daran, an Teslas Mission, will sich Elon Musk messen lassen.

Mit in 2020 wahrscheinlich 500.000 verkauften Fahrzeugen und trotz Corona einem Wachstum nahe 40 Prozent kommt Tesla allerdings im Hinblick auf die Mission nicht viel weiter. Daher war klar: Tesla muss bis 2030 in der Lage sein, 20 Millionen Elektrofahrzeuge pro Jahr herzustellen – und gleichzeitig Stromspeicher-Projekte und Solarprojekte in großem Maßstab realisieren zu können.

Batteriezellen sind (noch) Teslas Bottleneck

Das Bottleneck, das bislang gegen diese Zielerreichung sprach, war die Versorgung mit Batteriezellen. Musk sagte, selbst wenn mit den bestehenden Partnern Panasonic, CATL und LG Chem rasch skaliert würde, seien Batterie-Engpässe ab 2022 zu erwarten. Seine Partner hat Musk übrigens unter Druck gesetzt: Alle Aktien waren heute deutlich im Minus.

Daher möchte der Exzentriker die jetzt beim Tesla Battery Day vorgestellte 4680er Batteriezelle bis 2023 in einer Größenordnung von 100 Gigawattstunden herstellen – und dann auf sagenhafte drei Terawattstunden bis 2030 skalieren. Hierzu brauchte Tesla aber auch Veränderungen in Sachen Rohstoffe.

Eine Veränderung ist: Tesla will in einem sehr schonenden Verfahren Lithium direkt in Nevada fördern. Der Konzern wird also auch zum Mining-Unternehmen. Dazu will Tesla den mutigen Schritt gehen, und Graphit durch Silizium ersetzen – das verspricht viel mehr Energiedichte, Silizium dehnt sich aber im Volumen beim Aufladen deutlich aus. Musk verkündet das Problem, an dem viele Forscherteams weltweit arbeiten, gelöst zu haben.

Gleichzeitig soll in den neuen Zellen Kobalt ersetzt werden: Teilweise durch Nickel, teilweise durch Eisen, teilweise durch Mangan. Demnach wird es künftig drei unterschiedliche Zellchemien geben: Eine Lithium-Eisenphosphat-basierte Zelle, die etwa im Model 3 zusammen mit CATL in Shanghai zum Einsatz kommen soll. Dann eine Zelle, die aus 2/3 Nickel und 1/3 Mangan besteht für normalere Anwendungen.

Und schließlich – besonders wichtig – die „High-Nickel“-Zelle, die besonders hohe Energiedichten braucht, um etwa den Cybertruck und den Tesla Semi mit Energie zu versorgen. Dies dürfte der Kern der Roadrunner-Zelle sein, die in diesem Beitrag beschrieben wurde.

Zelldesign: Die 4680er Zelle

Im Gegensatz zu anderen Herstellern setzte Tesla von Beginn an auf Rundzellen, und beispielsweise nicht auf Pouchzellen. Einer der Gründe: Bei Rundzellen ist die Wärmeabführung relativ einfach. Jetzt hat Tesla die Rundzelle erheblich vergrößert auf 46 Millimeter Durchmesser und 80 Millimeter Höhe.

Das bedeutet zunächst, dass noch leichter Wärme erzeugt wird, weil der Strom innerhalb der Zelle einen längeren Weg zurücklegen muss. Doch dieses Problem löst Tesla durch ein patentiertes „tabless Design“. Der kleine Stromabnehmer, der oben auf der Zelle normalerweise sitzt, wurde abgeschafft. Stattdessen kann der Strom quasi überall abließen. Die Wege werden verkürzt, die Ladegeschwindigkeit verbessert sich deutlich.

Fahrzeugarchitektur: Batterie wird Teil der Karosserie

Tesla hat aber nicht nur Zellformat und Rohstoffe neu gedacht: Mit einer revolutionären Zell-to-Car-Architektur wird, so wurde es beim Battery Day bekanntgegeben, weiteres Material eingespart. Die Giga Press genannten Maschinen stellen die Vorder- und die Rückseite des Fahrzeugrahmens her. Dazwischen wird das Batteriepack in einem Rahmen platziert, und so vom reinen Energielieferanten zum essentiellen Bestandteil des Fahrzeugs.

Auch die neue Fahrzeugarchitektur des Model Y ist eine Revolution.

Die neue Architektur sorgt nicht nur für eine unglaubliche Reduktion der Bauteile eines Elektroautos, sondern verbessert durch die Zentralisierung auch die Fahreigenschaften.

Und nicht zuletzt: Tesla integriert auch eine Recycling-Anlage in seine Fabrik in Nevada, um perspektivisch nur noch Batterien aus bereits verwendetem Material herstellen zu können. Auch hier zeigt sich der Charakter von Elon Musk: Er beobachtet, was ein Unternehmen wie Redwood Materials macht – und entscheidet dann, es mit den eigenen Ingenieuren „effektiver“ zu können. Selbst wenn der frühere Partner der kongeniale Tesla-Mitgründer JB Straubel ist….

Für den Batterieforscher Maximilian Fichtner ist klar: „Selbst wenn Tesla bei den schwierigen Änderungen an der Anode nur die Hälfte der erwarteten Zuwächse schafft und beim Zelldesign einige Prozentpunkte weniger herausspringen, bleiben 40 Prozent mehr Reichweite. Das wären rund 700 statt 500 Kilometer mit einer Ladung. Das ist eine ganze Menge, basierend auf einer beinahe konventionellen Batteriechemie.“

Konsequenzen für den Batterie- und Automarkt

Der Innovations-Exzess beim Tesla Battery Day hat sowohl für Batteriehersteller als auch für die anderen Autohersteller klare Konsequenzen. Gewinnt Elon Musk seine Wette, haben nicht nur innerhalb 3-5 Jahren Verbrenner keinerlei Chance mehr auf dem Markt. Ein BMW, das bis 2030 noch mit 50 Prozent Verbrenner-Fahrzeugen plant, wird dann Schwierigkeiten bekommen.

Zusätzliche Konsequenz ist auch, dass Panasonic und Co. alles daran setzen müssen, nun auch in die Terawatt-Größenordnung vorzudringen. Ansonsten hat Tesla mit seinen reduzierten Kosten auch aufgrund der Economies of Scale sowie der integrierten Recyclingmaterialien zu viele Möglichkeiten, eines Tages den Markt zu dominieren.

Reaktionen nationaler und internationaler Medien:

Denn was für Freunde der (technischen) Revolution zuweilen langatmig erschien, ist unterm Strich ein beeindruckender Entwicklungsplan – und der schillernde Tesla-Chef scheint die Mühen der Ebene durchaus nicht zu scheuen.

DER SPIEGEL Wirtschaft

Musk hätte tatsächlich etwas Visionäres, Wegweisendes, Bahnbrechendes vorgestellt, wenn da nicht die Realität der Gegenwart wäre. Der Tesla-Chef ist wie Apple-Gründer Steve Jobs ein Meister der Verführung. Er kündigte nicht nur das 25 000-Dollar-Auto an (für das es übrigens weder Namen noch einen Termin gibt), sondern auch das Plaid Model S mit einer Reichweite von 830 Kilometern und mehr als 1100 PS, das Ende 2021 erhältlich sein soll und bereits jetzt für 139 990 Dollar bestellt werden kann. Er braucht diese Einkünfte, um die große Vision finanzieren zu können.

Süddeutsche Zeitung

Ein absoluter Meilenstein in der Energiewende! Tesla erfindet die Batterieherstellung komplett neu und wird bis Ende 2022 die leistungsfähigsten Batteriezellen der Welt auf den Markt bringen.

Focus Online

Mit dem Maßnahmenbündel hat Tesla rechnerisch bereits die Halbierung der Kosten erreicht. Den letzten Schritt soll eine neue Konstruktionsmethode bringen. Hierzu hat Tesla eine Aluminiumlegierung entwickelt, die ohne Hitzeeinwirkung verarbeitet werden kann und dabei besonders stabil sein soll.

t3n.de

Zugleich lassen seine Ankündigungen erkennen, dass Tesla zwar das gesamte Energie-System einschließlich Autos weltweit elektrisch und nachhaltig machen will, aber nicht allein. Bei einer eigenen Ziel-Kapazität von 3 Terawattstunden Zellen jährlich in 2030 würden nach den Berechnungen von Musk und Baglino immer noch mindestens weitere 17 Terawattstunden gebraucht, um die erforderlichen 20 Terawattstunden für den Komplett-Umstieg zu erreichen. Tesla macht also wieder einmal den Anfang, will aber wie vorher bei Elektroautos jetzt auch bei Batterie-Zellen andere Hersteller zum Nachziehen im großen Maßstab bewegen.

teslamag.de

Was schreibt die New York Times über Battery Day?

Aber Herr Musk, der dafür bekannt ist, dass er vielversprechende, spielverändernde Innovationen verspricht, die oft viel länger als erwartet dauern oder nie ankommen, sagte, das Unternehmen habe noch nicht die nötigen Fortschritte gemacht, um bis zu diesem Punkt zu gelangen.

New York Times (Bezahlschranke)

Der Tesla Battery Day von Tesla legte einen Fahrplan für das Unternehmen fest, um bis 2030 jährlich eine Billion Dollar Umsatz zu erzielen. Derzeit ist Walmart mit einem Jahresumsatz von 523 Milliarden Dollar weltweit führend.

TheStreet.com

Nun sieht es so aus, als würde Tesla im Laufe eines Jahres nicht weniger als vier neue Fahrzeuge auf den Markt bringen . Oder zumindest ist das der Plan. Vor einigen Monaten sagte Musk, dass alle drei damals bestätigten Neufahrzeuge des Unternehmens – der Semi, der Cybertruck und der Roadster – die Produktion in den folgenden 12 bis 18 Monaten aufnehmen würden. Da dies Juli 2020 war, bedeutete dies, dass wir alle drei spätestens Anfang 2022 auf den Straßen sehen sollten.

autoevolution.com

Was Analysten zum Tesla Battery Day sagen:

Ich glaube, Tesla hat gerade seine Pläne für eine 400 Meilen Reichweite $25.000 Elektrofahrzeug. Bei einer Auslieferung im Jahr 2023 würde der Tesla damit unserer ursprünglichen Kostenkurve um ~3 Jahre voraus sein. Batterien machen typischerweise ~20% der Kosten des Autos aus. $25.000 x 20% = $5.000, die für Batterien ausgegeben werden müssen. Bei einer Kostenreduzierung von 56 Prozent auf der Basis von $/kWh wird Tesla wahrscheinlich auf etwa ~$56/kWh kommen. $5.000/$56=~90kWh -> 4,5 Meilen/kWh * 90kWh = 405 Meilen

Sam Korus, ArkInvest (via Twitter)

Was sagen Analysten wie Morgan Stanly zum Battery Day?

Tesla announced improvements to battery technologies that are likely to support EV sales in the longer term, but also to reduce lithium usage and production costs. They also announced their own lithium mine with a new, lower-cost and more sustainable process. Lithium stocks [likely] to react negatively.

Morgan Stanly via S&P Global Platts

Aktien der Tesla Inc. TSLA, erlitten am Mittwoch einen Kursrückgang von 5,8 Prozent, nachdem die Investoren den Battery Day des Elektrofahrzeugherstellers offenbar als enttäuschend empfanden. Der Oppenheimer-Analyst Colin Rusch war jedoch optimistischer und sagte, er sei „bei jeder kurzfristigen Schwäche ein Käufer“. Rusch wiederholte die Outperformance-Bewertung, die er zumindest in den letzten zwei Jahren für die Aktie hatte, und hielt sein Kursziel bei 451 Dollar.

Colin Rusch, Analyst Oppenheimer via Marketwatch

Trotz der Enttäuschung an der Wall Street über die Veranstaltung sagte Jim Cramer, dass Musk mehr als genug offenbart habe, und nannte ein Innovationsniveau, das bei den größeren Autoherstellern nicht zu finden sei.

Jim Cramer, Analyst via TheStreet

Tesla hat die Art und Weise, wie seine Batteriepakete in seine Fahrzeuge integriert werden, grundlegend umgestaltet und sie zu Strukturelementen des Autos gemacht, anstatt nur als reine Kraftstoffquelle zu dienen.

Techcrunch via Yahoo Finance

Und auch Sandy Munro äußert sich zu Teslas Battery Day:

„Machen Sie Witze? Was Sie gerade gehört haben, war das Elektroauto-Evangelium. Sie können nicht glauben, wie aufgeregt wir hier bei Munro sind. „Ich denke nur, sie sind kein Autobauer, sie sind wie Edisons Labor oder so etwas.“

Sandy Munro, Munro Associates via Twitter

Was die sonstige Öffentlichkeit zu den Innovationen teilt:

Spannender als einige meinen: Gesamtsystem Batterie war im Fokus – Musk ist verliebt in Maschinen und Manufactoring UND zeigt wie innovative, hochkomplizierte #Produktionsprozesse Batteriepreise halbieren.

Ferdinand Dudenhöffer, CAR Center Automotive Research, Duisburg, via Twitter

Alle Möglichkeiten in Angriff zu nehmen, ist ein hohes Risiko, mit der Chance auf eine hohe Rentabilität. Viele von uns haben vorgeschlagen, dass die gleichen Schritte notwendig sind, aber Tesla hat die Investition und den Willen, sie zu verwirklichen. Ich bin nicht sicher, ob jemand anderes bereit ist, dies zu tun.

Prof. Stanley Whittingham, Nobelpreisträger für Chemie für die Arbeit an Lithium-Ionen-Batterien via BBC

Fazit

Der Rückblick auf den Tesla Battery Day zeigt: Im Hinblick auf Engineering und Manufacturing hat Tesla eine Batterie-Revolution angestoßen. Jetzt gilt es,. die Veränderungen in den kommenden 12 bis 15 Monate in die ersten Fahrzeuge bekommen (Semi, Roadster, Cybertruck, Model S Plaid) und anschließend bis 2023 die Skalierung auf 100 Gigawattstunden hinzubekommen, damit das angekündigte 25.000-Dollar-Fahrzeug gebaut werden kann.

Gelingen all diese Ansätze vom Battery Day, kommt Tesla seiner Mission einen bedeutenden Schritt näher. Für die Bekämpfung der Klimakrise wäre dies ein ganz wichtiger Baustein.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

BatterieTesla News - Übersicht über den Konzern bei Cleanthinking