Kreislaufwirtschaft: Wie Textilabfälle zu klaren PET-Flaschen werden

42 Millionen Tonnen Textilabfälle können bislang mechanisch nicht effizient recycelt werden – Technologie daher ein Durchbruch.

Das französische Cleantech-Unternehmen Carbios, das eng mit Michelin kooperiert, hat einen wichtigen Durchbruch mit seiner auf Enzymen basierenden Recycling-Technologie erreicht. Demnach hat das Unternehmen erstmals Flaschen mit 100-prozentigem Anteil recycelter Terephthalsäure (rPTA) mit einem hohen PET-Gehalt hergestellt – als Inputstoff wurden Textilabfälle genutzt. Bislang können solche Abfälle mechanisch nicht effizient recycelt werden. Bis zu 42 Millionen Tonnen davon stehen hierfür pro Jahr zur Verfügung.

Carbios ist es somit gelungen, aus Polyster-Textilabfällen klare Flaschen zu machen, die identische Eigenschaften im Vergleich zu PET-Neuware haben. Somit ist das Unternehmen nicht mehr alleine auf PET-Kunststoffabfälle angewiesen. Das gelang Carbios im Februar 2019 erstmalig – damals entstanden die ersten, 100-prozentig biorecycelten PET-Flaschen mit Kunststoffabfällen aus Flaschen, Schalen und anderer Verpackungen. Die Besonderheit: Dabei können die Ausgangsprodukte sämtliche Farben haben.

Ebenfalls bedeutsam: Mit mechanischen Recyclingmethoden ist es bislang nicht möglich, Textilabfälle effizient zu recyceln. Die wenigen Textilien, die wiederverwendet werden können, werden in minderwertige Anwendungen wie Polster, Dämmstoffe oder Lumpen eingearbeitet. Dieser Prozess wird „Downcycling“ genannt. Gegensätzlich hierzu bietet das Verfahren von Carbios nun ein Upcycling zu klaren Flaschen.

Das Verfahren von Carbios ermöglicht es, geringwertige Abfälle zu verwerten und ihnen in anspruchsvolleren Anwendungen ein neues Leben einzuhauchen – kurz gesagt, es ermöglicht ein beinahe unendliches Recycling von Kunststoffen und Textilien auf PET-Basis. Diese innovative enzymatische Abfall-Recyclingtechnologie steht voll im Einklang mit den europäischen Zielen der Schaffung einer Kreislaufwirtschaft und der Stärkung des Umweltschutzes.

„Dieses Ergebnis zeigt, wie groß die Möglichkeiten unserer Technologie sind: Wir können jetzt transparente Flaschen mit Polyester-Textilabfällen oder aus farbigen Post-Consumer-Flaschen herstellen. Das funktioniert in beide Richtungen – wir können also auch ein T-Shirt aus Flaschen oder Einweg-Lebensmittelschalen herstellen“, sagte Professor Marty.

Prof. Alain Marty, Wissenschaftlicher Leiter von Carbios

Konkret wird bei der T-Shirt-Produktion 100 Prozent recycelter und gereinigter Terephthalsäure verwendet. Das durch das enzymatische Recyclingverfahren hergestellte rPTA ähnelt dabei „in jeder Hinsicht“ dem petrochemischen PTA, so Carbios.

Carbios geht aber davon aus, dass die ersten, kommerziellen Recycling-Anlagen mit der Technologie eher bei Verpackungsherstellern oder Herstellern von Kunststoffverpackungen platziert werden, weniger in der Mode- und Sportbekleidungsbranche. Damit erschließt sich für das Cleantech-Unternehmen, das 2011 gegründet wurde, ein milliardenschwerer Weltmarkt.

Bis Textilabfälle in großem Stil recycelt werden, dauert es aber noch ein wenig: Die Technologie soll ab Ende 2022 an Hersteller lizenziert werden, damit diese Post-Consumer-Abfälle als Rohstoff einsetzen können – zu vergleichbaren Kosten. Damit werden dann petrochemische Produkte überflüssig.

Das erfreuliche Ergebnis wurde im Rahmen des Forschungsprojekts CE-PET (Circular Economy PET) erzielt, bei dem das Unternehmen neben seinem Partner TWB (Toulouse White Biotechnology) federführend ist. Dieses Projekt wurde von ADEME (der französischen Agentur für Umwelt und Energiemanagement) finanziert.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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