Boring Company: Elon Musk zeigt ersten Tunnel unter SpaceX-Hauptquartier
The Boring Company will Transportproblem lösen: Tesla Model X mit ausklappbarem Fahrwerk durchquert 3,2-Kilometer-Tunnel in Hawthorne.
Mit Elon Musk wird sogar ein schnöder Tunnel sexy: Der CEO von The Boring Company hat jetzt den ersten Tunnel vorgestellt, in dem autonom fahrende Elektroautos in relativ hohem Tempo transportiert werden können. Entgegen der Annahme stellte Musk kein spaciges Fahrzeug dafür vor, sondern ein ausklappbares Zusatz-Fahrwerk, das aus dem Elektroauto für die Straße eines für die Schiene macht.
Neue Geschäftsmodelle entwickelt Elon Musk gewöhnlich in Situationen, in denen er sich über den aktuellen Zustand ärgert. So geschehen bei The Boring Company vor zwei Jahren: Damals war Musk so gefrustet vom unnachgiebigen Los Angeles, dass er twitterte, er werde eine Tunnelbaumaschine bauen, um den Transport unterirdisch zu machen. Wer diese Idee für einen Scherz hielt angesichts hoher Kosten für Tunnelbohrungen, irrte gewaltig.
Im Dezember 2016, also vor ziemlich genau zwei Jahren, entstand das Cleantech-Unternehmen The Boring Company, das sich das Ziel setzte, Tunnelbohrungen deutlich effizienter und kostengünstiger zu machen. Am heutigen Dienstag eröffnete Elon Musk den ersten Testtunnel des Cleantech-Unternehmens unter dem Hauptquartier von SpaceX in der Stadt Hawthorne im Süden Kalifornien, wo auch The Boring Company seinen Geschäftssitz hat.
Der jetzt der Öffentlichkeit für Testfahrten vorgestellte Tunnel ist 3,2 Kilometer lang und 4,30 Meter breit und soll – lediglich – zehn Millionen US-Dollar gekostet haben. Das ist ein Bruchteil der Kosten, die bei vergleichbaren Tunnelbauten angegeben werden. Der Tunnel dient Forschungs- und Entwicklungszwecken mit dem Ziel, ein neues Transportmittel zu etablieren, dass Menschen sicher und schnell von A nach B bringt und Staus in den Großstädten reduziert.
Chicago will Flughafen und Innenstadt verbinden
Ein erstes kommerzielles Projekt ist bereits geplant: Die Stadt Chicago beauftragte The Boring Company vor einer Weile damit, den Flughafen mit der Innenstadt durch einen entsprechenden Tunnel miteinander zu verbinden. Dort sollen modifizierte Tesla-Fahrzeuge bis zu 16 Passagiere transportieren, im 30-Sekundentakt fahren und günstiger sein, als Ride-Hailing-Dienste. Damit greift Elon Musk nicht nur Fahrdienste wie Uber an, sondern auch diejenigen, die mit Flugtaxis eben genau solche Strecken eines Tages überfliegen wollen.
Sieht so die Zukunft der Innenstädte aus?
Nach ursprünglichen Planungen sollte der Tunnel Fahrzeuge auf den gezeigten Transport-Schuhen transportieren, die mit bis zu 240 Kilometer pro Stunde durch den Tunnel gleiten. Der Plan scheint zunächst überholt zu sein – möglichweise, weil der Aufbau zusätzlicher Infrastruktur und von Spezialfahrzeugen ziemlich aufwändig erscheint. The Boring Company zeigte nun Tesla-Fahrzeuge, die ausklappbare Rollen haben, um sicher durch den Tunnel zu kommen.
Erste Fahrten im The Boring Company Tunnel
Erste Videos der Fahrten durch den Hawthorne-Tunnel zeigen, dass die Fahrt doch noch recht holprig ist. Auch CNN berichtet von „ruckeligem Fahren“. Die Fahrt bei ca. 50 Kilometer pro Stunde dauert nur rund zwei Minuten. Allerdings betonte Musk, das System werde „geschmeidig wie Glas“ werden, wenn es voll funktionstüchtig sei. Seinem Team sei nur die Zeit davongelaufen, das bereits zur Präsentation hinzubekommen. Die Präsentation des Tunnels hatte sich zuletzt um einige Tage verzögert.
Das Online-Magazin ArsTechnica kommentierte das Fahrerlebnis als „angsteinflößend“, weil kurzzeitig weder der Anfang noch das Ende des Tunnels zu sehen gewesen sei. Für Elon Musk selbst ist es eine „komische Fahrt in einem Vergnügungspark, mitten unter Los Angeles.“
Zusätzliches Geld, so sagt Elon Musk, spiele bei der Umsetzung weiterer Tunnel-Projekte beinahe keine Rolle. Er habe sehr viele Anfragen erhalten. Aúch Las Vegas interessiert sich für einen entsprechenden Tunnel. Die Erkenntnisse, die The Boring Company nun bei der Arbeit an dem kurzen Tunnel gewonnen habe, sollen ausreichen, um wesentlich längere Tunnel zu bohren. Ein weiterer Testtunnel sei – nach Protesten der Bevölkerung in Los Angeles und aufgrund des erfolgreichen Starts – nun nicht mehr vorgesehen. Für künftige Bohraktivitäten soll die zweite und dritte Generation der Bohrmaschine verwendet werden.
Boring Company-Tunnel ist noch kein Hyperloop
Von der übergreifenden Vision, Hyperloops durch entsprechende Röhren mit Geschwindigkeiten von bis zu 950 Kilometer pro Stunde zu schicken, ist der jetzige Tunnel und sind auch die ersten geplanten, kommerziellen Projekte des Loop genannten Systems in Chicago und Washington DC noch meilenweit entfernt. Der jetzig eröffnete Tunnel dient ganz sicher zunächst als „Proof of Concept“ und Musk ist überzeugt, das es „verdammt gut funktionieren“ wird.
Und er dient mit Sicherheit auch dazu, dass sich zumindest VIPs, also die möglichen ersten Kunden eines solchen exquisiten Transportsystems an das ungewöhnliche Gefühl in einer langen Röhre zu fahren und keine Kontrolle zu haben, gewöhnen. Denn der Kommentar von Arstechnica zeigt, dass es Überwindung bedarf, sich darauf einzulassen – für viele Menschen ist heute noch die Vorstellung, das Lenkrad über einen längeren Zeitraum loszulassen, eine Horrorvorstellung.
Wird sich der Visionär Musk wieder durchsetzen?
Es ist nicht gesagt, dass die Vision von The Boring Company für ein solches Transportsystem in vielen Städten Realität werden wird. Aber, Elon Musk präsentiert eine machbare Alternative zu Seilbahnen oder Flugtaxi-Diensten und sorgt geschickt dafür, dass sich Elektroautos weiter durchsetzen. Benzin- oder Dieselfahrzeuge sind im Tunnel schließlich nicht zugelassen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.