Studie des Fraunhofer ISE vergleicht Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge und deren THG-Bilanz (Treibhausgas-Bilanz) gegenüber Dieselautos.
Eine neue Fraunhofer-Studie zeigt: Elektroautos mit Batterie oder Brennstoffzelle sind klimafreundlicher als Dieselfahrzeuge (THG-Bilanz). Entscheidend ist der Strommix bei Produktion und Betankung bzw. Herstellung des Wasserstoffs. Je grüner dieser Strommix ist, umso chancenloser wird der Dieselantrieb. Zweite Erkenntnis: Elektroautos mit sehr großen Batterien haben derzeit leichte Nachteile im Vergleich zu Brennstoffzellenfahrzeugen.
Immer wieder gibt es Gerüchte rund ums Elektroauto und dessen Treibhausgasemissionen. Schon kürzlich hat sich Cleanthinking damit beschäftigt. Jetzt hat das renommierte Fraunhofer ISE-Institut im Auftrag von H2 Mobility, dem Konsortium, das die Ladeinfrastruktur für Wasserstofffahrzeuge in Deutschland aufbau und zu dem beispielsweise Shell gehört, eine neue Studie vorgelegt, die auch Elektroautos mit Brennstoffzelle einbezieht.
Kernerkenntnis: Brennstoffzellenfahrzeuge können klimafreundlicher als reine batterieelektrische Elektroautos sein, wenn diese eine große Batterie mit mehr als 50 Kilowattstunden haben. Aber: Beide Alternativen sind umweltfreundlicher als Dieselfahrzeuge – vorausgesetzt sie werden mehr als 150.000 Kilometer gefahren.
Die Studie zeigt auch, dass sich Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge in idealer Weise ergänzen. Für große Reichweiten sind Brennstoffzellenfahrzeuge klimafreundlicher und für geringe Reichweiten Batteriefahrzeuge.
Dr. Christopher Hebling, Bereichsleiter Wasserstofftechnologien am Fraunhofer ISE
Beim Durchhaltepotenzial dürfte das technisch einfach Elektroauto Vorteile gegenüber dem Antrieb mit Brennstoffzelle haben. Gerade hat ein Tesla-Fahrer bekannt gegeben, sein Fahrzeug 900.000 Kilometer gefahren zu haben – das zeigt, warum Tesla-Chef Elon Musk die Fahrzeuge nicht mehr verkaufen möchte: Er will die Teslas lieber verleasen, damit sie mehr oder weniger bezahlt sind. Anschließend möchte er sie in seiner autonomen Fahrzeugflotte einsetzen, um ein weiteres Geschäftsmodell hinzuzufügen. Das geht, weil die Autos durch Over-Air-Updates niemals veralten.
Die Studie bezieht Herstellung, Betrieb und Entsorgung von Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeugen mit Reichweiten ab 300 Kilometer für die Zeiträume 2020-2030 und 2030-2040 ein. Dabei wurden für die Erzeugung des Stroms beziehungsweise Wasserstoffs verschiedene Szenarien betrachtet. Der Strom für die Batteriefahrzeuge kommt im besten Fall aus der Photovoltaik-Anlage, während der deutsche Strommix den ungünstigsten Fall darstellt.
Für die Wasserstoffbereitstellung wurde beispielsweise die Erzeugung in einer Elektrolyse mit Windstrom (Best Case) sowie die Erdgasdampfreformierung (Negativ-Szenario) zugrunde gelegt. Darüber hinaus wurden beide Technologien mit einem Pkw verglichen, der fossilen Dieselkraftstoff nutzt.
THG-Bilanz: Besser als Diesel allemal
Das Ergebnis: Bei 150.000 Kilometern Laufleistung liegen selbst im Worst-Case-Szenario die THG-Emissionen des Brennstoffzellenfahrzeugs unter denen vergleichbarer Batteriefahrzeuge (90-Kilowattstunden-Batterie), die mit dem deutschen Strommix angetrieben werden. Ferner weisen fossil betriebener Dieselfahrzeuge höhere THG-Emissionen auf.
Im Zeitraum 2020-2030 haben Brennstoffzellenfahrzeuge zum Beispiel einen besseren Treibhausgas-Fußabdruck als Batteriefahrzeugen mit einer Batteriekapazität größer als 45 Kilowattstunden.
Über die Studie hinaus sehen wir weiteren Forschungsbedarf, zum Beispiel zur Nutzung synthetischer Kraftstoffe, die aus Wasserstoff aus erneuerbaren Energien sowie CO2 produziert werden, zu Second-Life-Aspekten oder zu den Auswirkungen auf Flächen- und Wasserverbrauch.
Projektleiter Dr. André Sternberg
Einschätzung von Cleanthinking
Meine Meinung ist, dass die Relevanz von Elektroautos mit Brennstoffzelle überschätzt wird. Es dauert noch mindestens fünf Jahre bis das Angebot breiter und die Kosten reduziert sind. In Asien kann das eher etwas werden, weil es die Heimatmärkte von Hyundai oder Toyota sind und die staatliche Förderung anders aussieht.
Aber: Es gibt so viele Potenziale und Baustellen für die Wasserstoff-Industrie, dass sie sich meiner Ansicht nach auf diese Märkte konzentrieren sollte. Also Wasserstoffproduktion für die industrielle Versorgung, Wasserstoff als Langzeitspeicher, Wasserstoff für LKWs und schließlich Power Fuels für den Flug- und Schiffsverkehr mit Zwischenprodukt grüner Wasserstoff.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.