Christian Lindner blockiert Resilienzbonus – Meyer Burger und Solarwatt müssen Produktion einstellen
„Das ist offiziell das Ende der Solarindustrie in Deutschland“ – die Frustration der Manager und Beschäftigten der produzierenden Solarbranche ist spür- und greifbar. Solarwatt gab heute bekannt, Ende August die Produktion von Solarmodulen in Dresden einzustellen – diesen Schritt war Meyer Burger zuvor bereits gegangen. Das erneute Ruinieren der Solarindustrie durch die FDP als Totengräber – federführend betrieben durch Finanzminister Christian Lindner – ist ein Debakel für den Industriestandort Deutschland und dessen Zukunftsfähigkeit.
Die Bundesregierung konnte sich – so die offizielle Lesart – in den Verhandlungen über die Novelle des Klimaschutzgesetzes und das Solarpaket I nicht auf einen Resilienzbonus einigen, der vergleichsweise wenig Geld gekostet hätte. Damit, so die Aussage der Solarbranche, hätte der von China ausgehende unlautere Wettbewerb ausgeglichen werden können.
Lindner hatte die Debatte um einen Resilienzbonus am 24. März im „Bericht aus Berlin“ für beendet erklärt. Seine Begründung? „Wen einzelne Branchen oder Unternehmen aus dem Bundeshaushalt eine solche Förderung erhalten, dann hat das weder für die Resilienz des Standortes Deutschland, also unsere wirtschaftliche Sicherheit, noch für das Gelingen der Energiewende eine Auswirkung. Es ist einfach nur zum Vorteil von einzelnen Interessenten.“
Im selben Interview hatte Lindner die absurde These aufgestellt, Solarmodule seien außerdem kein Hightech-Produkt. „Das, was die wirkliche Technologie ist, die Wechselrichter, das ist Standort Deutschland“, und meinte damit wahrscheinlich unter anderem SMA Solar oder Fronius. So redet ein Totengräber der Solarindustrie – und Lindner ist bereits der Zweite.
Persönliche Niederlage für Wirtschaftsminister Habeck
Für Wirtschaftsminister Habeck, der lange dafür gekämpft hatte, ist es auch eine persönliche Niederlage, weil er sich nicht gegen Finanzminister Lindner durchsetzen konnte. Ohne ein Machtwort des Bundeskanzlers Scholz, der sich zum Thema ablehnend äußerte, gab es auch keinen Resilienzbonus.
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„Ich hätte mir gewünscht, dass mit Solarpaket ein Resilienzbonus verabschiedet worden wäre. Das hätte die Preisdifferenz zu chinesischen Modulen reduziert und diese Unternehmen im Markt gehalten“, so Habeck zur Lage am heutigen Tag. Noch gebe es eine vage Hoffnung auf ein anderes Instrument, dessen Implementierung aber mindestens 12 Monate dauert. Er hoffe, dass die Unternehmen zumindest so lange durchhalten könnten, bis der Net Zero Industry Act seine Wirkung entfalten könne, so Habeck.
Für Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus, der 190 Mitarbeitern mitteilen musste, dass sie Ende August entlassen werden, ist die Entwicklung ebenfalls schmerzlich: „Wir als Industriestandort lassen eine Zukunftstechnologie, die so strategisch wichtig ist, zum zweiten Mal den Bach heruntergehen.“ Damit erinnerte er an den früheren FDP-Chef Rösler, der federführend zum ersten Mal die Branche aus Deutschland vertrieben hatte.
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„Der aggressive Verdrängungswettbewerb in der Solarbranche lässt uns keine andere Wahl. Unsere 30-jährige Erfahrung in der Entwicklung und Optimierung von Photovoltaikhardware behalten wir aber am Standort Dresden, genau wie unser PV-Labor, das alle Module härtesten Qualitätstests unterzieht. Wenn sich die Marktbedingungen bessern, können wir so die deutsche Produktion schnell wieder hochfahren“, will der Solarwatt-Geschäftsführer die Hoffnung nicht ganz aufgeben. Vielleicht hilft die europäische Lösung der einheimischen Solarproduktion wieder auf die Beine.
„Es muss jetzt einen konzertierten Kraftakt geben, um das europaweit herausragende Niveau von Forschung und Entwicklung, Fachkräften und Industrie-Know-how hier bei uns im Freistaat zu halten“, so Sachsens Energieminister Wolfram Günther.
Ende der Solarindustrie verschärft China-Abhängigkeit
Das Ende der Solarindustrie in Deutschland verschärft die China-Abhängigkeit, die ohnehin bereits zu hoch ist. Im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung Chinas mit Taiwan könnte die deutsche Energiewende zusammenbrechen. Habeck hatte zuletzt auch deshalb Unterstützung verlangt, um in einer solchen Situation die Produktion hochskalieren zu können. Insofern ist die Aussage von Detlef Neuhaus nachvollziehbar, sozusagen produktionsbereit zu bleiben.
Deutschland sollte versuchen, neben Standard-Solarmodulen auch zukünftsfähige Lösungen in die Massenproduktion zu bringen: Etwa durch Nutzung der Produktion von Oxford PV (Perowskit-Solarzellen) oder Heliatek (Organische Photovoltaik). Unternehmen wie aleo Solar oder Solar-Fabrik bieten überdies Chancen.
Die FDP spielt momentan eine katastrophale Rolle als Totengräber für den deutschen Standort. Trotz der hohen Nachfrage nach Solarmodulen, steckt die europäische Photovoltaikindustrie in einer Krise. Schon vor einigen Monaten warnte die Branche vor den Auswirkungen des starken Anstiegs von preisgünstigen chinesischen Modulen auf dem europäischen Markt. Innerhalb eines Jahres sind die Preise für Solarmodule von 30 Cent pro Watt Peak auf 13 Cent gesunken, was einem Rückgang von fast 56 Prozent entspricht.
Die Solarwatt GmbH wird ihre Modulproduktion in Dresden Ende August nach 30 Jahren vorerst einstellen. Mit einer Kapazität von 300 Megawatt trug die Dresdner Fertigung ohnehin nur noch einen kleinen Teil zum Modulgeschäft bei. Bereits 80 Prozent der von Solarwatt verkauften Module werden von Auftragsfertigern in Asien produziert.
Solarwatt stellt Produktion nach 30 Jahren ein
Nach 30 Jahren wird die Modulproduktion der Solarwatt GmbH in Dresden Ende August vorläufig eingestellt. Die Dresdner Fertigung, die eine Kapazität von 300 Megawatt hatte, trug nur noch einen geringen Anteil zum Modulgeschäft bei. Derzeit werden bereits 80 Prozent der von Solarwatt verkauften Module von Auftragsfertigern in Asien produziert.
Solarwatt fokussiert sich heutzutage weniger auf die Produktion von Solarmodulen, sondern eher auf die Bereitstellung von ganzheitlichen Lösungen für Strom, Wärme und Mobilität. Das Unternehmen strebt eine verstärkte Expansion in diesem Bereich an. Laut Neuhaus liegt die langjährige Kernkompetenz von Solarwatt in der Integration der einzelnen Elemente einer Photovoltaikanlage mithilfe ihres eigenen Energiemanagementsystems.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.