Autonomes und emissionsfreies Boot FutureOne erhält innovativen Brennstoffzellen-Range-Extender.
Verkehr auf das Wasser verlagern – für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist die Logik dahinter „unschlagbar“. Jetzt besuchte der Politiker ein Cleantech-Startup, das kleine, modulare Boote entwickelt, die autonom und emissionsfrei Menschen, E-Bikes oder Kinderwagen und letztlich auch Waren transportieren können. Im August 2021 weihte das Unternehmen Unleash Future Boats den Prototyp ZeroOne ein – und erklärte jetzt wie daraus ein Verkehrsmittel für Spree, Elbe oder Rhein werden könnte.
Im Oktober 2021 stellte das Cleantech-Unternehmen Roboat autonome Elektroboote vor, die seitdem in Amsterdam verkehren. Das zeigt: Die Idee, Transporte sinnvoll auf das Wasser zu verlagern, und dafür ganz kleine, flexible und leichte Einheiten zu verwenden, die auch bei niedrigem Wasserstand problemlos fahren können, haben die Gründer von Unleash Future Boats nicht mehr exklusiv. Aber ihre kleine Fähre verfügt über Technologie, die Aufmerksamkeit verdient.
Das Startup sitzt in Schleswig und will ab Frühjahr 2023 Ausflügler mit Fähren vom dortigen Stadthafen zum Wikinger-Museum Haithabu fahren. Dafür nennen sie ihre Boote in Schleiboote um – und machen sie zwölf Meter lang. Der Antrieb erfolgt über Brennstoffzellen an Bord, die mit grünem Wasserstoff befeuert werden und einen Elektromotor antreiben. Ab 2025/26 sollen die Schleiboote für Ausflügler dann vollständig autonom fahren. Platz finden dort zwölf Mitfahrer nebst E-Bike, Kinderwagen und Co.
Neben solchen Fähren plant Unleash Future Boat aber auch Boote für den Transport von Containern etwa auf Spree, Elbe oder Rhein. Denkbar wäre, dass so Baumaterial zu seinem Bestimmungsort gebracht wird – und dabei die Straßen entlastet. Getüftelt wird an den Booten der Zukunft in einer ehemaligen Schnapsfabrik, die die Unternehmer zur Werft umgebaut haben.
Doch noch suchen die beiden Gründer des Katamarans, das Ehepaar Stefanie und Lars Holger Engelhard nach Investoren. Um das Investment attraktiv zu machen, betonen sie, dass mit der entwickelten Antriebstechnik auch Binnenschiffe umgerüstet werden können. Unterstützt wird das Jung-Unternehmen bereits vom Land Schleswig-Holstein, dem Bund oder dem Duisburger Hafen.
Dort könnten die Boote aus Schleswig künftig vor allem Container autonom befördern. Bis zu 45 Meter lang könnten solche Boote dann werden – und nach dem Zug-Prinzip aneinander andocken. Um dann mehrere Container transportieren zu können setzen die Gründer nicht allein auf die im Boot eingelassenen Elektrobatterien, sondern wollen flexibel nutzbare Brennstoffzellen als Range Extender mit an Bord nehmen. Während der Fahrt wirken diese wie „mobile Ladesäulen“ – und laden neben den Schiffsbatterien auch die der zu transportierenden E-Bikes beispielsweise.
Die Gründer wissen besonders gut, was autonomes Fahren bedeutet: Er kümmerte sich vor seiner Wandlung zum Unternehmer beim VW-Konzern um die Online-Konnektivität von Autos, während sie sich als Diplom-Ingenieurin bei Audi mit der Entwicklung des autonomen und vernetzten Fahrens befasste. Ausgerechnet bei einem gemeinsamen Segelausflug entstand die Idee, die mit künstlicher Intelligenz gespickte Technologie auf Boote zu übertragen.
Eine der Herausforderungen bestand darin, einen Sensor zu entwickeln, der die Eigenbewegung des Bootes auf dem Wasser beim Errechnen der Navigationsstrecke vollständig berücksichtigt. Im Sommer 2020 war dieses Problem gelöst. Interessant ist, dass der jetzt auch von Robert Habeck besichtigte Prototyp ZeroOne eine internationale Zulassung erhalten hat für den Transport von Personen ohne Kapitän an Bord. Eine Tatsache, die auch viele Besucher auf der Technologiemesse CES 2021 in Las Vegas begeisterte.
Die Ziele von Unleash Future Boats sind klar: Mit künftig bis zu 50 Mitarbeitern will das Team 100 Boote pro Jahr produzieren – dank automatisierter Produktion und der Verwendung von Materialien wie Aluminium ist die weitere Skalierbarkeit gegeben. Nach Medienberichten sind bereits drei große Speditionen aufmerksam geworden – allem Anschein nach wird man auch in Zukunft noch so einiges hören vom Schleswiger Unternehmen – auch, wenn gerade mal kein Bundesminister zu Besuch ist.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.