Es ist eine oft belächelte Technologie: Vehicle-to-Grid (V2G), also die Rückspeisung von elektrischer Energie aus einem Elektroauto ins öffentliche Stromnetz, um zur Stabilisierung dessen beizutragen. Doch jetzt hat das Cleantech-Unternehmen The Mobility House einen entscheidenden Schritt zur Realisierung gemacht: Erstmals wird ein Elektroauto in einer V2G-Anwendung wie ein Kraftwerk betrachtet und am deutschen Energiemarkt zugelassen.
Der Mobilitätsdienstleister The Mobility House hat mit dem Nissan Leaf erstmals ein Elektroauto für die anspruchsvollste Art der Netzstabilisierung – die Bereitstellung von Primärregelleistung – qualifiziert. In Partnerschaft mit dem Energieversorger ENERVIE, dem Übertragungsnetzbetreiber Amprion und dem Autohersteller Nissan gelang dieses Kunststück in Hagen.
Elektroautos wie der Nissan Leaf mit integrierter, bidirektionaler Ladetechnologie können dabei eine wichtige Rolle spielen. Dank seines CHAdeMO-Ladeanschlusses kann er nicht nur den Strom aus dem Netz ziehen und in der Traktionsbatterie speichern, sondern bei Bedarf auch wieder zurückspeisen. Dies bezeichnet man entsprechend als V2G-Konzept. Bislang ist bidirektionales Laden in Deutschland aber eher theoretisch möglich – umso bedeutsamer nun der Schritt, den The Mobility House und die Partner nun erreicht haben.
Bidirektionales Laden als Voraussetzung für V2G
Diese bidirektionale Ladefähigkeit des Nissan Elektrofahrzeugs ist Voraussetzung zur Integration in das Projekt auf dem Firmengelände von ENERVIE in Hagen. In Kombination mit der innovativen, intelligenten Lade- und Energiemanagement Technologie von The Mobility House werden die Lade- und Entladevorgänge gesteuert und kontrolliert.
Als einer der vier Übertragungsnetzbetreiber, die für den Transport des Stroms in Deutschland und damit für ein stabiles Stromnetz verantwortlich sind, unterstützt Amprion das V2G-Projekt. Dazu definierte Amprion die technischen sowie regulatorischen Anforderungen in Bezug auf die Präqualifikation eines mobilen Batteriespeichers im Markt für Primärregelleistung. Als erstes Elektrofahrzeug hat Amprion nun dem Nissan Leaf in Kombination mit der Steuerung von The Mobility House die Eignung für diese Leistung attestiert.
Wertvoll ist die Umsetzung von V2G-Projekten vor allem deshalb, weil Elektroautos, die beispielsweise bei Arbeitgebern den ganzen Tag herumstehen, so auch während der Nichtnutzungsphase eine wichtige Funktion erhalten. Überschüssige Energie kann so verteilt oder kurzfristig auch wieder zurückgespeist werden. Ein ähnliches Prinzip streben auch Sonnen und andere Speicherhersteller an. So entsteht zunehmend ein Smart Grid, das weltweit als Vorbild für den jeweiligen Umbau des Energiesystems dient.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.