Fraunhofer IMM arbeitet im Projekt ShipFC an Ablösung von Schweröl als Schiffsantrieb.
Ammoniak und Methanol bietet gegenüber grünem Wasserstoff deutliche Vorteile. Beide Wasserstoffträger sind vergleichbar umweltfreundlich, aber weniger gefährlich, besser speicherbar und einfacher in der Handhabung. Daher arbeitet das Fraunhofer-Institut IMM in einem internationalen Konsortium an alternativen Schiffsantrieben mit Brennstoffzellen auf Basis von Ammoniak. Jetzt erhält das Schiff Viking Energy der Reederei Eidesvik erstmals eine entsprechende Hochtemperatur-Brennstoffzelle.
Gerade beim Schiffsverkehr entstehen klimaschädliche Emissionen. Nach Angaben des Umweltbundesamts ist der Schiffsverkehr auf den Weltmeeren schon heute für circa 2,6 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. 2015 wurden circa 932 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, und es werden von Jahr zu Jahr mehr. Gegenmaßnahmen sind also dringend erforderlich.
Das Projekt ShipFC soll unter Beweis stellen, dass die neue emissionsfreie Antriebstechnik auch in großen Schiffen und auf langen Fahrten sicher, zuverlässig und problemlos funktioniert. Die Koordination des Projekts liegt bei NCE Maritime CleanTech aus Norwegen. Die Organisation hat sich die Entwicklung umweltfreundlicher Technologien im maritimen Bereich zum Ziel gesetzt.
Das Ziel der Forschung des Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme in Mainz im Projekt ShipFC ist klar: Schweröl als Treibstoff ablösen.
Wie die Stromerzeugung mit Ammoniak funktioniert
Die Stromerzeugung mit Ammoniak funktioniert ähnlich wie bei Anlagen auf Wasserstoff-Basis. Im ersten Schritt wird Ammoniak (NH3) in einen Spaltreaktor geleitet. Der spaltet es zu Stickstoff (N2) und Wasserstoff (H2). Das Gas enthält 75 Prozent Wasserstoff. Eine kleine Menge Ammoniak (NH3, 100 ppm) wird nicht umgesetzt und verbleibt im Gasstrom.
Im zweiten Schritt werden Stickstoff und Wasserstoff in die Brennstoffzelle geleitet. Unter Luftzufuhr verbrennt der Wasserstoff zu Wasser. Es entsteht elektrische Energie. Der Wasserstoff wird allerdings in der Brennstoffzelle nicht vollständig umgesetzt. Ein Anteil von etwa 12 Prozent sowie ein Rest Ammoniak verlassen die Brennstoffzelle unverbrannt.
Diese werden nun in den vom Fraunhofer IMM entwickelten Reaktor mit eigens entwickeltem Katalysator geleitet. Luftzufuhr und die Pulverbeschichtung der gewellten Metallfolie mit Platin enthaltenden Katalysatorpartikeln setzen eine chemische Reaktion in Gang. Übrig bleiben am Ende nur Wasser und Stickstoff. Die klimaschädlichen Stickoxide entstehen bei optimaler Reaktionsführung erst gar nicht.
Ammoniak ist hauptsächlich aus der Landwirtschaft bekannt, wo es als Düngemittel genutzt wird. Doch es taugt auch als hochwertiger Energieträger. Im Vergleich zu Wasserstoff hat Ammoniak Vorteile: Wasserstoff muss als Flüssigkeit bei -253 Grad Celsius oder komprimiert als Gas bei Drücken um 700 bar gespeichert werden. Ammoniak begnügt sich als Flüssigkeit mit moderaten -33 Grad Celsius bei Normaldruck und +20 Grad Celsius bei 9 bar. Das macht die Lagerung und den Transport des Energieträgers leichter und unkomplizierter.
Einen ersten kleinen Prototyp will das Team am Fraunhofer-Institut gegen Ende 2021 fertigstellen. Ende 2022 soll ein Prototyp in der endgültigen Größe fertig sein. In der zweiten Jahreshälfte 2023 wird das erste Schiff mit der Ammoniak-basierten Brennstoffzelle in See stechen, das Versorgungsschiff Viking Energy der norwegischen Reederei Eidesvik. Danach sollen weitere Schiffstypen wie etwa Frachtschiffe damit ausgestattet werden.
Grünes Ammoniak von Yara für ShipFC
Das Ammoniak wird vom Partner des ShipFC-Konsortiums Yara geliefert. Das Unternehmen produziert heute ein Drittel des weltweit verbrauchten Ammoniaks. Für das Projekt ShipFC kommt grünes, also nachhaltig produziertes Ammoniak zum Einsatz.
ShipFC öffnet einem bisher unterschätzten Energieträger große Zukunftschancen. Fraunhofer-Forscher Gunther Kolb sagt: „Wir sehen Ammoniak nicht als direkten Konkurrenten zu Wasserstoff, sondern als zusätzliche Option im Spektrum der nachhaltigen Energien. Wegen der Vorteile bei der Speicherung wird diese umweltfreundliche Technik für die Stromerzeugung sicher ihren Platz finden. Der Einsatz bei Schiffen ist hier erst der Anfang.“
Die Politik hat das Potenzial von Ammoniak ebenfalls erkannt. Die Europäische Union unterstützt ShipFC und die Ausstattung der Viking Energy mit zehn Millionen Euro.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.