Cleantech-Startup vly verbindet Klimaschutz mit vollmundigem Milch-Geschmack.
Hoher Protein-Gehalt, möglichst wenig Kohlenhydrate und eine besonders cremige Konsistenz: Die Milch-Alternative des Cleantech-Startups vly ist rein pflanzlich, verursacht viel weniger Emissionen als klassische Kuhmilch und schont Ressourcen wie Wasser. Im März 2018 begannen ein Jurist, ein Lebensmitteltechnologe und ein Ernährungsberater damit, Vollzeit an ihrer Idee zu feilen – und verkaufen vly mittlerweile in drei Sorten bundesweit.
Insgesamt passt vly mit seiner schon bislang beeindruckenden Erfolgsgeschichte hervorragend in den Clean Food-Trend, der aus den USA nach Europa herüber schwappt. Neben Alternativen für Fleisch, Wurst oder Eiern sind Milch-Alternativen zwar schon länger ein veganer Trend – mit dem schwedischen Cleantech-Startup Oatly und nun vly ist aber deutlich mehr Dynamik in den Markt gekommen.
In der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ ernteten die drei vlyfoods-Gründer Moritz Braunwarth, Niklas Katter und Nicolas Hartmann Anfang September jede Menge Lob: Konsistenz, Geschmack und der Gesamtauftritt begeisterten die Investoren um Kosmetik-Expertin Judith Williams. Als „Wette“ wollte die Königin des Verkaufsfernsehens allerdings nicht in vlyfoods investieren – die Bewertung von mehr als sechs Millionen Euro war ihr zu hoch.
Von der Aufzeichnung der Sendung Anfang des Jahres bis zur Ausstrahlung im September alleine haben die vly-Erfinder viel erreicht: Aus dem Vertrieb an 25 Edeka-Supermärkte in Berlin ist mittlerweile die Einzelhandels-Präsenz in mehr als 5.000 Märkten von REWE, Edeka und Rossmann geworden. Dazu vertreiben sie ihre Milch, die in Deutschland nicht Milch genannt werden darf, weil sie nicht auf tierischer Basis hergestellt wird, über ihren Online-Shop (vlyfoods.com) oder foodist.de.
Wie wird die Erbsenmilch von vly hergestellt?
Man nehme ein Erbsenprotein und mache daraus eine Milch-Alternative – was so einfach klingt, war für die vly-Gründer ein mehr als einjähriger Prozess im Labor. Kein Wunder: Es gibt auf der Welt 380.000 Pflanzenarten, die Protein enthalten. Nach „unzähligen Tests“ machte schließlich die gelbe Spalterbse das Rennen.
Diese Erbsen stammen derzeit aus dem Norden Frankreichs und werden in einem Betrieb in Nordrhein-Westfalen verarbeitet. Dazu werden die getrockneten Erbsen zunächst eingeweicht, dann püriert und durch eine Zentrifuge geführt. Das unterschiedliche Gewicht hilft, die einzelnen Bestandteile zu erkennen: Protein, Stärke und Ballaststoffe. Für die Weiterentwicklung wird das Erbseneiweiß isoliert, der Rest wird verkauft.
Um schließlich die besonders cremige Konsistenz zu erzeugen, die manchen Tester an Vanillepudding erinnert, zu erreichen, wird u.a. auch Wasser und Rapsöl eingesetzt. Dieses sorgt für die Erhöhung des Fettgehalts.
Wie ist die Umweltbilanz der Milch-Alternative?
Zunächst ein Blick auf den Anbau von Erbsen in Deutschland. Nur 1,7 Prozent der Landesfläche wird hierfür verwendet. Dabei wird das Erbsenprotein bislang eher für Tierfutter und nur schrittweise in der Lebensmittelverarbeitung eingesetzt. Dabei hat der Anbau von Erbsen einen wichtigen Klimaeffekt: Die Bakterien der Pflanzen binden Stickstoff aus der Luft an den Wurzelknollen.
Dadurch wird künstlicher Dünger überflüssig, die Bodenfruchtbarkeit wird verbessert. Der angereicherte Stickstoff ist auch für andere Pflanzen nutzbar, weshalb Forscher davon ausgehen, dass der Anbau entsprechender Pflanzen beim Umbau zur nachhaltigen Landwirtschaft auch hierzulande eine zunehmend größere Rolle spielen wird. .
Bei der Herstellung ist die Erbsenmilch klimafreundlicher: So werden nach Angaben des Cleantech-Startups aus Berlin fünfzehnmal weniger CO2-Äquivalente benötigt. Und auch der Wasserverbrauch schont Ressourcen: Er soll zehnmal geringer sein als bei der Herstellung klassischer Kuhmilch. „Die Landnutzung beträgt ein Fünftel im Vergleich zu Kuhmilch“, sagt Mitgründer Hartmann. „Dieser Wert basiert auf dem konservativen Ende der Einschätzung eines Erbsenproteinherstellers.“
400.000 Liter vly-Milch verkauft
Bislang wurden schon 400.000 Liter der Milch aus der gelben Spalterbse von vly verkauft – angesichts des Ausrollens auf Supermärkte bundesweit in August und September dürften die nächsten Meilensteine in Kürze erreicht sein. Dann muss sich vly nachhaltig im Kampf mit anderen Milchalternativen etwa auf Basis von Soja oder Hafer sowie gegen die über Jahrzehnte etablierten Player behaupten. Und zeigen, ob vly zur echten Alternative im Milchmarkt wird.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.