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Wälder als CO₂-Speicher? Fähigkeit schwindet zunehmend

Neue PIK-Studie zeigt: Ein Aufschub beim Waldschutz könnte die Kosten, die Klimaziele zu erreichen, drastisch erhöhen.

Die jüngsten Erkenntnisse zu Wälder als CO2-Speicher zeichnen ein alarmierendes Bild für den Klimaschutz. Eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) betont das enorme Potenzial von Wäldern als Kohlenstoffspeicher, das jedoch durch den Klimawandel und menschliche Eingriffe stark gefährdet ist. Bisher haben Wälder jedes Jahr etwa ein Fünftel der menschengemachten Emissionen aufgenommen, doch ihre Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern, schwindet zunehmend.

Die zentrale Rolle der Wälder im Klimasystem

Wälder erfüllen zwei wichtige Klimafunktionen: Erstens dienen Wälder als CO2-Speicher. Obwohl sie nur 30 Prozent der Landoberfläche bedecken, speichern sie etwa die Hälfte des auf der Erde gebundenen Kohlenstoffs in ihrer Vegetation. Zusammen mit den Kohlenstoffmengen in den Waldböden übersteigt dies sogar die Menge an Kohlenstoff in der Atmosphäre. Tropische Regenwälder sind dabei von besonderer Bedeutung, da sie 50 Prozent mehr Kohlenstoff speichern als Wälder außerhalb der Tropen.

Zweitens haben Wälder, insbesondere Tropenwälder, eine kühlende Wirkung auf das Weltklima. Ein kräftiger Baum produziert ungefähr so viel Sauerstoff, wie zehn Menschen zum Atmen benötigen, und ein Hektar Wald speichert im Durchschnitt etwa fünf Tonnen CO₂ pro Jahr.

Ursachen für die abnehmende Speicherfunktion

Allerdings nimmt die CO2-Speicherfunktion zunehmend ab. Hierfür gibt es mehrere Faktoren:

  1. Klimawandel und extreme Wetterereignisse: Steigende Temperaturen, längere Trockenperioden und häufigere Hitzewellen setzen die Wälder unter Stress. Dies führt zu erhöhter Baumsterblichkeit und reduziertem Wachstum, was die CO₂-Aufnahmekapazität verringert.
  2. Waldbrände: Die Zunahme von Waldbränden, oft als Folge des Klimawandels und menschlicher Aktivitäten, setzt große Mengen gespeicherten Kohlenstoffs frei und zerstört wertvolle Waldökosysteme.
  3. Abholzung und Degradation: Die fortschreitende Entwaldung, insbesondere in tropischen Regionen, reduziert nicht nur die Gesamtfläche der Wälder, sondern setzt auch den gespeicherten Kohlenstoff frei.
  4. Schädlingsbefall und Krankheiten: Wärmere Temperaturen begünstigen die Ausbreitung von Schädlingen und Krankheitserregern, die ganze Waldbestände schädigen können.
  5. Landnutzungsänderungen: Die Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftliche Nutzflächen oder Siedlungsgebiete führt zu einem dauerhaften Verlust von Kohlenstoffspeicherkapazität.

Konsequenzen für den Klimaschutz

Die abnehmende CO₂-Speicherfunktion der Wälder stellt den globalen Klimaschutz vor enorme Herausforderungen. „Wer Klimaschutz auf die lange Bank schiebt, muss mit unverhältnismäßig höheren Kosten rechnen“, erklärt Michael Windisch, Hauptautor einer aktuellen wissenschaftlichen Arbeit, die im Magazin Nature erschienen ist.

Er fügt hinzu: „Derzeit setzen unsere Klimastrategien darauf, dass Wälder nicht nur erhalten bleiben, sondern ihre Fläche sogar zunimmt. Doch angesichts von immer mehr Waldbränden wie in Kalifornien und der anhaltenden Abholzung im Amazonasgebiet ist das ein riskantes Spiel. Zudem gefährdet der Klimawandel selbst die enormen Kohlenstoffspeicher der Wälder.“

Die Konsequenzen einer Verzögerung bei Schutzmaßnahmen sind erheblich. Schon eine Verzögerung von fünf Jahren könnte die erforderlichen Maßnahmen zur Kompensation des verlorenen Kohlenstoffs deutlich verschärfen und die Kosten etwa verdoppeln. Die Emissionen im Energiesektor müssten deutlich schneller sinken, begleitet von einer fast verdoppelten Kapazität für negative Emissionen – was wiederum mehr Land beanspruchen würde.

Dr. Florian Humpenöder, PIK-Wissenschaftler und Mitautor der Studie, betont: „Wälder sind keine unerschöpfliche Ressource. Es ist wichtig, frühzeitig zu erkennen, wenn ihre Speicherfähigkeit nachlässt.“ Er unterstreicht die Notwendigkeit eines stärkeren Waldschutzes und einer schnelleren Dekarbonisierung. Da Wälder möglicherweise weniger CO₂ speichern als erwartet, sind realistische Prognosen zur Kohlenstoffspeicherung unerlässlich.

Notwendigkeit schnellen Handelns

Angesichts dieser Herausforderungen rund um Wälder als CO2-Speicher ist schnelles und entschlossenes Handeln unerlässlich. Alexander Popp, Leiter des PIK-Labs für Landnutzungswandel und Studienautor, ergänzt: „Es reicht nicht, einfach zu hoffen, dass Wälder intakt bleiben, wenn wir die Erderwärmung begrenzen wollen. Neben dem Schutz der Wälder ist eine nachhaltige Landnutzung entscheidend – nicht nur, um die Biodiversität zu erhalten, sondern auch, um massive wirtschaftliche Schäden zu vermeiden und eine lebenswerte Zukunft zu sichern.“

Die notwendigen Maßnahmen umfassen:

  1. Verstärkter Waldschutz: Bestehende Wälder, insbesondere alte und artenreiche Bestände, müssen konsequent geschützt werden.
  2. Aufforstung und Wiederaufforstung: Großflächige Programme zur Wiederherstellung degradierter Waldflächen und zur Schaffung neuer Wälder können die Kohlenstoffspeicherkapazität erhöhen.
  3. Nachhaltige Waldbewirtschaftung: Forstwirtschaftliche Praktiken müssen so angepasst werden, dass sie die Kohlenstoffspeicherung maximieren und gleichzeitig die Biodiversität fördern.
  4. Reduzierung der Entwaldung: Insbesondere in tropischen Regionen muss die Entwaldung durch alternative Entwicklungsmodelle und finanzielle Anreize drastisch reduziert werden.
  5. Integration in Klimastrategien: Die Rolle der Wälder muss stärker in nationale und internationale Klimaschutzstrategien integriert werden.
  6. Förderung der Resilienz: Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen Klimastress, wie die Förderung von Mischwäldern und die Anpassung der Artenzusammensetzung, müssen intensiviert werden.
  7. Forschung und Monitoring: Verstärkte Investitionen in die Waldforschung und in Systeme zur kontinuierlichen Überwachung des Waldzustands sind notwendig.

Globale Zusammenarbeit und politische Herausforderungen

Wälder als CO2-Speicher müssen erhalten bleiben. Das erfordert aber eine verstärkte internationale Zusammenarbeit. Bestehende Initiativen wie REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) müssen ausgeweitet und verbessert werden. Gleichzeitig müssen neue, innovative Ansätze entwickelt werden, die die komplexen Zusammenhänge zwischen Waldschutz, wirtschaftlicher Entwicklung und Klimaschutz berücksichtigen.

Eine besondere Herausforderung stellt die Finanzierung dar. Erhebliche Investitionen sind erforderlich, um Wälder zu schützen und wiederherzustellen. Dies erfordert neue Finanzierungsmechanismen, die den Wert der Ökosystemleistungen von Wäldern angemessen berücksichtigen und Anreize für ihre Erhaltung schaffen.

Politisch erfordert die Situation ein Umdenken in Bezug auf Landnutzung und wirtschaftliche Entwicklung. Kurzfristige wirtschaftliche Interessen müssen gegen die langfristigen Vorteile des Walderhalts abgewogen werden. Dies erfordert oft schwierige politische Entscheidungen und die Überwindung von Interessenkonflikten.

Wie können Wälder als CO₂-Speicher erhalten bleiben`?

Die schwindende CO₂-Speicherfunktion der Wälder stellt eine ernsthafte Bedrohung für die globalen Klimaschutzbemühungen dar. Sie unterstreicht die Dringlichkeit, mit der wir handeln müssen, um unsere natürlichen Kohlenstoffspeicher zu schützen und zu stärken. Wird Waldschutz & Emissionsrückgang um 5 Jahre verzögert, könnten sich Klimaschutzkosten verdoppeln, so PIK Studie.

Gleichzeitig zeigt sie die enge Verflechtung zwischen Klimaschutz, Biodiversitätserhalt und nachhaltiger Entwicklung.

Die Herausforderung ist gewaltig, aber nicht unüberwindbar. Mit entschlossenem Handeln, internationaler Zusammenarbeit und innovativen Ansätzen können wir die Wälder als unverzichtbare Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel erhalten. Dies erfordert jedoch ein radikales Umdenken in der Art und Weise, wie wir mit unseren natürlichen Ressourcen umgehen, und eine Neuausrichtung unserer wirtschaftlichen und politischen Prioritäten.

Link zum wissenschaftlichen Beitrag in Nature: Hedging our bet on forest permanence for the economic viability of climate targets

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