Konsortialpartner EDF, Holcim oder Orsted starten 89-Millionen-Projekt in der Region Heide.
Mit dem Wasserstoff-Reallabor Westküste100 hat jetzt das wahrscheinlich ambitionierteste Vorhaben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Förderzusage über 30 Millionen Euro erhalten. Die Konsortialpartner wollen in der Region Heide quasi die Blaupause für eine gesamtdeutsche oder europäische Wasserstoffwirtschaft mit dem Ziel der Dekarbonisierung von Industriesektoren liefern. Das Gesamtvolumen des Vorhabens liegt bei 89 Millionen Euro.
Eine der herausfordernden Aufgaben im Rahmen der Energiewende ist es, energieintensive Industriesektoren zu dekarbonisieren. Dazu gehören beispielsweise die Stahl- und die Chemieindustrie. Wie das gelingen kann, wollen die Konsortialpartner von Westküste100 in Schleswig-Holstein erproben: Hier soll schrittweise eine regionale Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab etabliert werden.
Zum Konsortium zählen hochrangige Unternehmen aus Industrie und Energie, aber auch die Stadtwerke Heide:
- Energieversorger EDF Deutschland
- Betonhersteller Holcim Deutschland
- Open Grid Europe OGE (früher E.ON Gastransport)
- Raffinerie Heide
- Offshore-Windenergie-Spezialist Orsted
- Stadtwerkeverbund Thüga
- thyssenkrupp industrial solutions
Ausgangspunkt ist es zunächst, grünen Wasserstoff zu produzieren. Hierfür soll im Zuge von Westküste100 eine gigantische und weltweit einmalige 700-Megawatt-Elektrolyse aufgebaut werden. Das entspricht einem der Ziele, die in der Nationalen Wasserstoffstrategie bis 2030 festgelegt sind. Heute ist das freilich noch mehr eine Vision als ein leicht realisierbares Unterfangen.
Anschließend soll der grüne Wasserstoff im Gasnetz transportiert und in industriellen Prozessen genutzt werden. So sollen auch unterschiedliche Stroffkreisläufe innerhalb einer bestehenden Infrastruktur gekoppelt werden. Ergebnis wäre die Dekarbonisierung von Industrie, Mobilität und Wärmesektor.
Ein weiterer Schritt, der dazu notwendig ist, ist die Treibstoffherstellung. Hierzu wird der Wasserstoff aus der Elektrolyse mit sogenanntem „unvermeidbarem“ CO2 aus der regionalen Zementproduktion von Holcim eingesetzt. Dazu wird das Zementwerk Lägerdorf auf das sogenannte Oxyfuel-Verfahren umgestellt. Dieses verbrennt deutlich umweltfreundlicher.
Letztlich stehen die Projektpartner von Westküste100 nun ab heute in der Verantwortung, einen wichtigen Dienst für die Energiewende in Deutschland und Europa zu erbringen. Gelingen alle technischen Herausforderungen im „Heide-Maßstab“, können die Lösungen auch bundes- und europaweit auf viele individuelle, regionale Begebenheiten übertragen werden.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.