Wie Carbon Crusher die Straßen-Sanierung klimafreundlich macht

Norwegisches Cleantech-Startup Carbon Crusher ersetzt Rohöl bzw. Bitumen bei der Sanierung von Verkehrswegen durch Lignin.

Die „Maschine“, die das norwegische Cleantech-Unternehmen Carbon Crusher entwickelt hat, erinnert eher an Mondfahrzeuge. Aber das Fahrzeug erfüllt ganz irdische Aufgaben: Es hilft dabei, alte Straßen zu recyceln, um Kohlendioxid dauerhaft in neuen Verkehrswegen zu speichern. Die futuristische Maschine fräst die oberste Schicht einer beschädigten Straße aus Asphalt ab, und ersetzt somit die Anlieferung von neuem Material. Möglich ist dieser Recycling-Schritt auch mit Beton, solange dieser nicht mit Stahl verstärkt ist.

Bislang wird im Straßenbau allerdings Bitumen, eine dickflüssige, klebrige Form von Rohöl, benutzt, um Steine und Sand im Asphalt zusammenzuhalten. Doch diesen kohlenstoffintensiven Prozess übernimmt im Fall von Carbon Crusher ein natürlicher Stoff: Lignin. Das Material kommt in Bäumen vor, ist ein wichtiges Nebenprodukt der Papierindustrie, wird in Norwegen aber oft auch zur Energiegewinnung verschwendet.

Lignin ersetzt das Rohöl und übernimmt die Aufgabe, das zerkleinerte Material zusammenzukleben. Da Bäume während ihres Wachstums Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden, wird durch die Einbettung des Materials in die Straße dieser Kohlenstoff gebunden. Das Verfahren erinnert an das, was das Schweizer Cleantech-Unternehmen neustark macht: Es integriert aus der Luft gefiltertes Kohlendioxid in die Zementproduktion und weckt somit Hoffnungen auf klimapositiven Beton.

Wir erfinden die Straße neu, um globale Probleme zu lösen. Bei Carbon Crusher haben wir uns verpflichtet, zur Lösung des Klimawandels beizutragen und einen positiven Einfluss auf unseren Planeten zu haben.

Carbon Crusher-Mitgründer Haakon Brunell

Carbon Crusher wurde 2021 von Haakon Brunell und Kristoffer Roil gegründet, die später von Hans Arne Flato unterstützt wurden. Gemeinsam entwickelten sie die Ausrüstung und Technologie für nachhaltige Straßen. Die Carbon Crusher-Maschine kann Asphalt und Gestein fein zerkleinern.

Das Potenzial des Geschäftsmodells ist vorhanden: Die Welt ist mit mehr als 70 Millionen Kilometern Straße bedeckt, die unsere Volkswirtschaften am Laufen halten. Der Bau und die Instandhaltung dieser Straßen verursachen pro Jahr 400 Millionen Tonnen CO2-Emissionen – das norwegische Cleantech-Startup will neben der Einbringung des Kreislaufgedankens in den Straßenbau auch dafür sorgen, dass sich der Sanierungsstau auflöst: Die Sanierung soll billiger, dauerhafter und schneller funktionieren.

Neben dem geschäftlichen Potenzial ist auch der Klima-Impact vorhanden: Pro 30,5 Meter (100 Fuß) sanierter Straße sinken die CO2-Emissionen im Vergleich zum klassischen Verfahren um 3,5 Tonnen. Ungefähr 1,5 Tonnen CO2 werden der Atmosphäre indes durch die Einbringung von Lignin in den Boden vermieden.

So will Carbon Crusher Straßen so verändern, dass sie nicht mehr Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sind. Genau eine solche Methode suchten Brunell und Roil bevor sie das Unternehmen starteten. Bislang, so fanden sie heraus, sei der Straßenbau übersehen worden, seit dem römischen Zeitalter habe es keine nennenswerten Innovationen gegeben. Durch den Zusammenschluss mit dem dritten Gründer, Hans Arne Flåto, wurde aus der Idee schnell Realität: Denn er erprobt dieselbe grundlegende Technologie, die jetzt für die Sanierung von Straßen verwendet wird, schon seit einer Dekade in Norwegen. Lediglich eine Erweiterung der Technologie war notwendig.

Die entwickelte Maschine von Carbon Crusher zerkleinert Asphalt und Gestein so fein, dass es möglich ist, ohne neues Material zu arbeiten. Dabei ist die Idee des Fräsens nicht neu, aber andere Unternehmen kommen nicht ohne weitere Zuschlagstoffe aus. Da die LKWs nicht mehr Material anliefern oder Teile der alten Straße abtransportieren müssen, ist der Prozess der Norweger schneller. Und das Lignin kann nach Angaben des Unternehmens dazu beitragen, dass die Straßen länger halten.

Bislang wird Bitumen verwendet, das aber in kalten Wintern leicht rissig wird. Jahr für Jahr wird die Sanierung wieder notwendig. Nach Angaben des Unternehmens ist Lignin flexibler, so dass sich eine Straße leichter an den sich verändernden Boden anpassen kann. Risse werden seltener. Grundlegend arbeitet Carbon Crusher daran, aus Norwegen nun in andere Länder zu expandieren, und die Qualität von Straßen über Satelliten aktiv zu verfolgen.

Um den ökologischen Fußabdruck weiter z verbessern, soll die Maschine künftig mit Wasserstoff betrieben werden, und autonom agieren können.

Während der Bau neuer Straßen die Emissionen durch den zusätzlichen Verkehr erhöhen kann, konzentriert sich das Unternehmen auf die Instandsetzung der bereits bestehenden Straßen. Dabei ist eines deutlich: Die Welt braucht nicht unbedingt neue Straßen, aber solche, die länger ohne Sanierung auskommen – und damit besser sind.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

Cleantech-StartupCleantech-UnternehmenKlima