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Wissings Träume: Wasserstoff und E-Fuels im PKW sind ohne jede Perspektive

Bund der Steuerzahler fordert sofortigen Stopp von Sinnlos-Subventionen für Wasserstoff-Autos ‚ohne jede Perspektive‘ an.

Die FDP macht sich in der Bundesregierung unter dem Vorwand der Technologieoffenheit für Wasserstoff und E-Fuels im PKW stark. Auf europäischer Bühne führten Wissings Träume von E-Fuels im Verbrenner auch nach 2035 für heftige Dissonanzen. Und Finanzminister Lindner kündigte eine steuerliche Begünstigung von Autos mit E-Fuels an. Jetzt aber streut neben der EU-Kommission auch der Bund der Steuerzahler Sand ins Getriebe und fordert den sofortigen Stopp von Sinnlos-Subventionen für Wasserstoff-Autos ohne jede Perspektive.

Reiner Holznagel hat die Bundesregierung mit eindringlichen Worten dazu aufgefordert, keine weiteren Subventionen für Wasserstoff-Autos mehr zu verteilen. Holznagel ist der Präsident des Deutschen Steuerzahlerbundes und hat untersuchen lassen, ob die vielfältigen Wasserstoff-Subventionen auf allen Ebenen für PKWs, Züge und Tankstellen sinnhaft sind. Zwischen 2007 und 2022 haben die jeweiligen Bundesregierungen demnach fast eine halbe Milliarde Euro in entsprechende Projekte gesteckt.

Für Holznagel ist das „absurd“, weil der wertvolle Wasserstoff „ohne jede Perspektive“ verschwendet werde. Der Chef vom Steuerzahlerbund argumentiert aus wissenschaftlicher Sicht genauso wie Experten wie Prof. Volker Quaschning, Prof. Claudia Kemfert oder Prof. Harald Lesch, die immer wieder anmahnen, alle Bereiche, die direkt elektrifizierbar sind, auch zu elektrifizieren.

Lesen Sie mehr zu synthetischen Kraftstoffen: E-Fuels: Vorteile und Nachteile | Cleanthinking

Beim PKW gibt es keine Zweifel, dass Reichweiten um die 700 Kilometer zeitnah erreichbar sind – verbunden mit Tankvorgängen, die 100 Kilometer Reichweite in 5 Minuten bringen, ist der Wasserstoff-Vorteil erheblich geschrumpft in den vergangenen Jahren.

Schon 2020 warnte Cleanthinking davor, auf entsprechende Fahrzeuge mit Brennstoffzelle als Reichweiten-Verlängerer zu warten: Denn schon damals deutete sich klar an, dass das Angebot an Autos minimal bleiben würde und die Tank-Infrastruktur unzureichend ist. „Wasserstoff ist viel zu wertvoll, um ihn in Autos zu verschwenden – ohne jede Perspektive“, so Holznagel gegenüber DIE WELT. „Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, die Sinnlos-Subventionen für Wasserstoff-Autos auf allen staatlichen Ebenen komplett und sofort zu beenden.“

Es sei unstrittig, dass Wasserstoff-Autos einen viel schlechteren Wirkungsgrad als batteriebetriebene Elektroautos haben. Die Verwendung von grünem Wasserstoff, um Autos anzutreiben, sei aufgrund der erheblichen Energie-Umwandlungsverluste in Wasserstoffantrieben „Ressourcenverschwendung“, so das Ergebnis der Analyse des Steuerzahlerinstituts.

Streit um E-Fuels: Verbrenner-Verbot kommt mit Ausnahme (cleanthinking.de)

Speziell den Forderungen der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie erteilt der Steuerzahlerbund eine klare Absage: Bis 2026 sollten nach dem Willen der NOW mehrere hundert Millionen Euro für zusätzliche Subventionen für den PKW-Sektor ausgegeben werden. „Schluss mit den Sinnlos-Subventionen“, so die glasklare Ansage des Steuerzahlerbundes. In Deutschland gibt es derzeit bundesweit lediglich 2.346 PKW, die mit Wasserstoff betankt werden können.

Probleme mit Wasserstoff-Zügen

Neben dem PKW-Sektor bereitet auch der Zugverkehr mit Wasserstoff Sorgen. In Hessen wurden beispielsweise 500 Millionen Euro investiert, um das Taunusnetz mit Wasserstoffzügen auszustatten. Doch insbesondere technische Probleme und Lieferschwierigkeiten von Alstom sorgen dafür, dass das Projekt bis heute nicht alltagstauglich funktioniert.

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In Niedersachen entschied die Landesnahverkehrsgesellschaft, keine weiteren Wasserstoffzüge einzukaufen, sondern 102 Akku-Triebzüge zu besorgen. Grund: Wirtschaftlichkeit.

Zu ganz ähnlichen Erkenntnissen kommt das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg, dass auf allen infrage kommenden Strecken Fahrzeuge mit Akkus beziehungsweise Batterie-Hybrid-Technik einsetzen wird.

In Bayern hingegen glaubt Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der selbst einen hoch subventionierten Wasserstoff-BMW fährt, an den Erfolg von Wasserstoff in Regionalzügen und PKWs. Der Staatsminister fuhr zuletzt auf der Strecke zwischen Kaufbeuren und Buchloe mit dem Wasserstoff-Zug Mireo Plus H von Siemens Mobility. Der Pilotbetrieb startet Mitte 2024 im Netz der Bayerischen Regionalbahn (BRB) auf den Strecken zwischen Augsburg und Füssen sowie Augsburg und Peißenberg. 

„Wasserstoff kommt zunehmend im Alltag der Menschen an. Der Wasserstoff-Zug ist der nächste Schritt in die Praxis. Auch Heizungen und Autos können mit sauberem H2 betrieben werden“, behauptet Aiwanger und widerspricht damit nicht nur den Erfahrungen anderer Bundesländer sondern – spezielle beim Heizen und beim PKW – auch wissenschaftlichen Erkenntnissen.

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Wissings Träume: E-Fuels statt Wasserstoff?

Wie Wissings Träume von E-Fuels oder Wasserstoff im PKW zerplatzen, zeigt sich derzeit reihenweise. Im Rahmen einer internationalen Konferenz bei der IAA Mobility wollte der Bundesverkehrsminister ein Abkommen mit anderen Staaten für E-Fuels im PKW schließen. Ergebnis: Nur drei Länder wollten mitmachen. Denn den Protagonisten ist klar, dass beim Import von E-Fuels oder grünem Wasserstoff stets zuerst die Industrie zum Zuge kommen wird.

Wissing E-Fuel PKW

Im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie plant Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Verhältnis von zwei Drittel Import zu einem Drittel heimischer Produktion. Import-Wasserstoff soll über Auktionen versteigert und dann über ein entstehendes Wasserstoff-Kernnetz speziell in die Industriezentren oder zu den Langzeitspeichern transportiert werden. Die Mengen sowohl heimischer Produktion als auch beim Import werden aber noch über viele Jahre sehr klein sein.

Aber was ist nach 2035? Beim Verbrenner-Aus stolzierte Wissing durch Europa und zerschlug jede Menge Porzellan. Ergebnis war ein wachsweiches Zugeständnis der EU-Kommission, Verbrenner, die ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels fahren, zulassen zu können. Dafür sollte eine eigene Fahrzeugklasse geschaffen werden.

EU-Entwurf für E-Fuels in neuer PKW-Klasse

Und in der Tat: Mittlerweile liegt ein Gesetzentwurf vor, aus dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung Details zitiert. Für Wissings Träume sei dieser ein schwerer Rückschlag im Kampf um den Verbrennungsmotor, so die Zeitung. Denn: Der Gesetzestext sieht vor, dass diese Autos nur mit „vollständig klimaneutralen E-Fuels“ betankt werden dürfen – unter Einbeziehung von Lieferketten von der Herstellung über den Transport bis zum Verbrauch (CO2-neutral).

Wissings Träume: Klimaneutrale Kraftstoffe

Interessanterweise sorgt die EU-Kommission mit dieser strikten, aber richtigen Haltung dafür, dass die Lobby-Verbände ihre Märchen von den klimaneutralen E-Fuels endlich aufgeben. So schreibt die „E-Fuels Alliance“, eine Organisation, die unmittelbar auf der Homepage der eigenen Webseite für „klimaneutrale Kraftstoffe gegen den Klimawandel“ wirbt (siehe nebenstehend), nun, „technisch sei es unmöglich zu leisten“, was die EU-Kommission in den Gesetzentwurf geschrieben habe.

„Es handele sich dabei“, so die hanebüchene Ausrede, „schließlich um Emissionen, die die E-Fuel-Hersteller selbst nicht kontrollieren könnten.“ Zudem müssen die Hersteller sicherstellen, dass die Autos nicht mit anderen Kraftstoffen gestartet werden können. Aus Sicht der Lobbyorganisation bleibt des damit beim weitgehenden Verbot des Verbrennungsmotors im Jahr 2035 – wenn der Gesetzentwurf so durchkommt.

Bei dem Vorschlag handelt es sich um die Empfehlungen eines technischen Ausschusses, der Anfang Oktober zur Verabschiedung wieder zusammenkommt. Die Hürden, so schreibt die FAZ, den Kommissionsvorschlag noch zu stoppen, seien in dem Ausschussverfahren besonders hoch. Damit dürfte sich die Hintertür für Wissings Träume von der Vergeudung von E-Fuels im PKW endgültig schließen. Es ist ein Erfolg für Wissenschaft, Effizienz und das Klima.

Abrechnung mit Lindner und Wissing

Christian Lindner und Volker Wissing machen keine Politik für das gesamte Volk, sondern versuchen, Einzelinteressen gerecht zu werden (Abrechnung mit Lindner-FDP: Rücksichtslos in den Untergang (cleanthinking.de). Dafür haben sie u.a. das Framing der Technologieoffenheit von der fossilen Industrie und deren Lobbyverbänden übernommen. Es war abzusehen, dass Wissings Träume und Lindners spezielle Porsche-Wünsche von der Realität eingeholt werden.

Das Schlimme ist, und das bringt der Präsident des Steuerzahlerbundes hervorragend auf den Punkt: Wider besseren Wissens werden Steuermilliarden verpulvert. Und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Das ist deshalb sehr befremdlich, weil es die grüne Transformation ein gewaltiger Umbau ist, die nur mit Effizienz gelingen kann. Jetzt gilt es, die Elektromobilität mit Vollstrom zum Erfolg zu führen, und nicht weiter irgendwelchen Träumereien hinterherzulaufen. Sonst wird aus Technologieoffenheit eher Technologiedummheit.

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Quelle n-tv FAZ DIE WELT
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  1. […] Wissings Träume: Wasserstoff im PKW ohne jede Perspektive (cleanthinking.de) […]

  2. Thomas Nittel sagt

    Die FDP mutiert immer mehr zum Sargnagel für die einheimische Automobilindustrie. Die ausländische Konkurrenz kann sich auf die E-Mobilität kümmern ohne weiter in unsinnige Verbrenner Rettungsversuche zu investieren. Dazu kommt, dass der Rest der Welt ein Tempolimit hat und nicht völlig übermotorisierte Antriebe, egal ob Verbrenner oder Elektro, entwickeln muss um mit der rasenden Konkurrenz auf den Autobahnen mithalten zu können. Preiswerte Modelle mit höherer Reichweite aus China sind die Folge.

  3. Rainer Ott sagt

    Gratuliere! Endlich einmal eine ganz klar formulierte, sehr gute Zusammenfassung.

    1. Walter Hofmann sagt

      Furchtbar, dass die Klientel-Partei FDP, vernünftige Politik, welche die Transformation vorantreiben könnte, so sehr behindern kann. Meines Erachtens auch ein Versagen des Bundeskanzlers, der evtl. selbst nicht überzeugt ist von den wissenschaftlichen Erkenntnissen.

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