Cleantech-Startup aus Kanada entwickelt Lithium-Metall-Akkus und verspricht bessere Leistungsdaten in Elektroautos.
Das amerikanische Cleantech-Startup XNRGI setzt bei seiner Akku-Technologie auf bekannte Herstellungsverfahren aus der Chip-Industrie – und nutzt Wafer. Um daraus den leistungsfähigen und langlebigen Powerchip-Akku zu machen, werden 160 Millionen, mikroskopisch kleine Löcher gebohrt – und so eine dreidimensionale Fläche mit vielen Vorteilen für die daraus resultierende Lithium-Metall-Batterie geschaffen. Jetzt hat NRGI die erste, vollautomatisierte Fabrik eröffnet – in Indien.
NRGI ist kein typisches Cleantech-Startup, das Wunder-Leistungsdaten verspricht, die Öffentlichkeit aber im Unklaren darüber lässt, wie die Technologie funktioniert. CEO Chris D’Couto arbeitet bereits seit 2008 an der Akku-Technologie von NRGI – in den letzten insgesamt 15 Jahren hat das Unternehmen 15 Patente, 6 Patentdarstellungen und 13 Anmeldungen erhalten bzw. eingereicht – ein Indiz dafür, wieso das Unternehmen freizügiger über die eigene Technologie spricht.
Für die Entwicklung der Powerchip-Technologie wurden mehr als 80 Millionen US-Dollar investiert – und Unternehmen wie Intel, Energizer oder Motorola als Investoren an Bord geholt. In den letzten Jahren hat NRGI eine die erste siliziumchipbasierte und poröse Lithium-Metall-Akkutechnologie erfolgreich weitentwickelt. Schon 2022 oder 2023 soll die Powerchip-Batterie erste Elektroautos antreiben.
Der Vorteil der XNRGI-Anode: Die dreidimensionale, löchrige Oberfläche führt nach Angaben von XNRGI zu einer um zehnmal höheren Energiedichte, was einer Revolution sehr nahe kommen würde. Die Lebensdauer kann so um das drei- bis fünffache verbessert werden. CEO Chris D’Couto ist überzeugt, dass die Technologie höchsten Sicherheitsansprüchen genügt – und sie damit sämtliche Nachteile bisheriger Ansätze beseitigen kann.
Die eher waffelartige Struktur der Powerchip-Akkus bietet nachvollziehbare Vorteile, da quasi jedes der gebohrten Löcher eine winzige Batterie ist. Wenn eine Batterie ausfällt, bleibt der Rest davon unangetastet. Außerdem ist die Oberfläche um den Faktor 70 vergrößert. Genau dadurch sollen die Akkus sicherer sein und etwa Brände oder Explosionen unmöglich werden.
XNRGI behauptet, ein Elektroauto könnte mit der Powerchip-Batterie in 15 Minuten zu 80 Prozent geladen werden. Die Technologie würde die Reichweite um bis zu 280 Prozent steigern – und ein Elektroauto damit 1.200 Kilometer schaffen können.
Die 160 Millionen winzigen Löcher werden in einen herkömmlichen, 12 Zoll kleinen Wafer gebohrt. Dabei unterscheiden sich die zwei Seiten des Wafers voneinander: Die eine Seite bekommt eine nichtleitende und die andere Seite eine leitende Beschichtung. Nach der automatisierten Fertigung kommt die Powerchip-Akkutechnologie bei den Anoden der Lithium-Metall-Batterie zum Einsatz. Dort sammeln sich die Elektroden, wenn die Batterien vollgeladen sind.
XNRGI eröffnet vollautomatische Powerchip-Fabrik in Indien
Immerhin: Wie Mitte 2019 vollmundig versprochen, scheint das Unternehmen den Worten nun auch Taten folgen zu lassen. Damals hatte XNRGI angekündigt, schon 2020 werde die Powerchip-Technologie in Drohnen, Robotern und Scootern zum Einsatz kommen.
Das vollautomatisierte Werk produziert die HT Mobility Smart Telemtry Batterie XM5kWh für Rikschas, E-Bikes, E-Motorräder, Golf-Charts, Solar- und Windkraftanlagen. Gleichzeitig meldet XNRGI aggressive Pläne, die Kapazität in den Multi-Gigawatt-Bereich zu skalieren – und zwar bereits bis 2022. Hierzu sollen strategische Beziehungen in verschiedenen Teilen der Welt eingegangen werden.
Inwieweit die Vorteile der Powerchip-Batterie zum Tragen kommen, lässt sich derzeit nicht 100-prozentig erschließen.
Es bleibt spannend, inwiefern die Versprechen des Cleantech-Startups in den kommenden drei Jahren in die Tat umgesetzt werden können. Aber: Die Qualität der Investoren und die Konkretheit der Aussagen über die Technologie sowie die entsprechenden Patente, sind Hoffnungszeichen, dass es wirklich funktionieren kann.
Ein potenzieller Abnehmer der Akkus könnte Karma Automotive sein – der für die Batterien zuständige CTO Robert Kruse Jr. sitzt auch im Strategic Advisory Board von XNRGY. Wir bleiben dran.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.