Britische Regierung investiert in Entwicklung eines kommerziellen Wasserstoffflugzeugs mit 19 Sitzen bis 2023.
In einer Series-A-Finanzierungsrunde hat das Cleantech-Startup ZeroAvia 37,7 Millionen Dollar eingesammelt. Angeführt wurde die Finanzierungsrunde von Breakthrough Energy Ventures, dem Fonds von Bill Gates. Mit dabei waren aber auch der Ecosystem Integrity Fund, der Climate Pledge Fund von Amazon sowie Shell Ventures, Summa Equity und Horizons Ventures. Und: Die britische Regierung vergibt einen Zuschuss von 16,3 Millionen Dollar an ZeroAvia – mit dem Ziel, bis 2023 ein kommerzielles, 19-sitziges Wasserstoffflugzeug zu bauen.
Das kalifornische Cleantech-Startup, das mittlerweile in Großbritannien einen wichtigen Standort hat, will mit dem frischen Kapital den ZA-600-Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antriebsstrang weiterentwickeln. Heute soll die Technologie geeignet sein, um 10 bis 20 Passagiere in einem Flugzeug ca. 925 Kilometer weit zu fliegen.
Bis 2023 soll immerhin ein 20-Sitzer mit einer 800-Kilometer-Reichweite kommen. Bis 2027 dann ein Flugzeug, das den Namen verdient: 100 Passagiere, 800 Kilometer Reichweite. Der langfristige Horizont zeigt, wie weit heutige Technologien noch von großen Verkehrsmaschinen entfernt sind. Umso wichtiger als der Sicht des klimaneutralen Fliegens ist, dass rasch E-Fuels in großen Mengen produziert werden, um zumindest über den Treibstoff zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beizutragen. Langfristig braucht es aber bessere, alternative Antriebe – wie etwa den von ZeroAvia.
Immerhin: Im September 2020 schaffte es ZeroAvia im Projekt HyFlyer I, ein sechs-sitziges Wasserstoff-Flugzeug eine Platzrunde fliegen zu lassen. Letztes Ziel mit dieser Flugzeuggröße ist eine Reichweite von 400 Kilometern.
Lange Planungshorizonte sind Fluggesellschaften natürlich gewohnt – British Airways ist mittlerweile eine Partnerschaft mit ZeroAvia eingegangen, etwa 15 Fluggesellschaften stehen Schlage, und wollen den innovativen Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb einsetzen. Am liebsten eher morgen als übermorgen. Voraussetzung ist aber, dass Zertifizierung erreicht werden. Davon ist das Unternehmen noch ein gutes Stück entfernt.
Das Potenzial, selbst für die Antriebsstränge für kleinere Flugzeuge mit 20 Sitzen, ist gar nicht so klein. Bis der Flugzeug-Bestand von etwa 10.000 solcher Flugzeuge ausgetauscht sein wird, wird eine Zeit vergehen. Alleine Amazon Air, die Flachflotte des Einzelhandelsriesen, hat 70 solcher Flugzeuge für Luftfracht im Einsatz – mit der Investition durch den Climate Pledge Fund, erschließt sich der Handelsgigant weiterhin geschickt Zugriff auf entsprechende Technologien. Zuletzt hatte Amazon auch in Zoox, ein Startup für autonome Shuttle-Services, investiert.
Die Herausforderung für ZeroAvia bei der Weiterentwicklung besteht nun darin, die Leistungsdichte der Brennstoffzellen zu erhöhen, damit die den Elektromotor mit mehr Energie versorgen können. Wie weit der Weg ist, zeigen Aussagen des Unternehmens: Die Leistungsdichte für eine kleine Rotor-Turbine liegt bei 3 Kilowatt pro Kilogramm. Für eine Boeing 777 müssten es 10 Kilowatt pro Kilogramm sein – im Automobilsektor werden bislang 0,7 Kilowatt pro Kilogramm erreicht.
Gleichzeitig muss aus den Plänen für Wasserstoff-Infrastruktur an Flughäfen etwas werden – am Besten direkt in Verbindung mit Windrädern (eher schwierig am Flughafen) und Solarenergie für die Elektrolyse. Neue Partner wie Shell können ZeroAvia hier natürlich nachhaltig behilflich sein. Und solaren Wasserstoff mittel- und langfristig kostengünstig machen.
Und nicht zuletzt steht ZeroAvia, heute sicherlich einer der Technologieführer für wasserstoffelektrische Flugzeugantriebe, vor der Herausforderung, dass beispielsweise Elon Musk die Möglichkeit angekündigt hat, ab 2024 rein elektrisch betriebene Propeller-Flugzeuge betreiben zu können. Was die Leistungsdichte der Brennstoffzellen ist, ist hier die Herausforderung, die Energiedichte der Batterien auf 400 Wattstunden pro Kilogramm zu erhöhen, und das Gewicht massiv zu reduzieren.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.