Kultiviertes Rindfleisch soll als Aleph Cuts zu Preisen wie Premium-Rindfleisch zu haben sein.
Es ist ein wahrlich historischer Moment und ein Meilenstein für die Transformation des Ernährungssektors: Das israelische Cleantech-Unternehmen hat die weltweit erste Zulassung für kultiviertes Rindfleisch erhalten – und zwar im Heimatland Israel. Das vom Krieg gebeutelte Land ist trotz dieser besonderen Umstände ein Vorreiter für Clean Meat weltweit. Die behördliche Zulassung kam vom Gesundheitsministerium – ähnlich wie in den USA – als „No Questions“-Schreiben und bezieht sich auf die Verbrauchermarke Aleph Cuts.
Aleph Farms kann seine kultivierten Rindersteaks, die bereits heute einen vergleichbaren Preis wie konventionelles Premium-Rindfleisch haben, im Land vermarkten, nachdem ihnen die erste Zulassung für kultiviertes Rindfleisch erteilt wurde. Das Cleantech-Unternehmen plant, das Fleisch zunächst in Restaurants einzuführen und schließlich auch im Einzelhandel anzubieten.
Israel hat mit dieser Genehmigung eine seltene Position inne, da nur Singapur (Eat Just im Jahr 2020) und die USA (Upside Foods und Eat Just im Jahr 2023) den Verkauf von kultiviertem Fleisch erlauben. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass diese Genehmigungen ausschließlich für zellbasierte Hühnerprodukte ausgestellt wurden. Somit ist Aleph Farms das erste Unternehmen, dem der Verkauf von kultiviertem Rindfleisch gestattet wird.
„Entscheidender Schritt für besseres Fleisch“
„Diese Ankündigung ist ein entscheidender Schritt im weltweiten Wettlauf um die Herstellung von Fleisch, das die Menschen lieben und das gleichzeitig besser für unser Klima, die Artenvielfalt und die Lebensmittelsicherheit ist“, sagte Bruce Friedrich, Gründer und Präsident der Denkfabrik für alternative Proteine, dem Good Food Institute (GFI).
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„Diese behördliche Zulassung für kultiviertes Rindfleisch gibt uns die Erlaubnis, unser Produkt in Israel zu produzieren und zu vermarkten, vorbehaltlich spezifischer Anweisungen des israelischen Gesundheitsministeriums für die Etikettierung und Vermarktung sowie des Abschlusses der Inspektion unserer Pilotproduktionsanlage nach den Grundsätzen der Guten Herstellungspraxis“, erkläre Yifat Gavriel, Leiter der Abteilung für behördliche Angelegenheiten bei Aleph Farms.
Im April 2023 wurde das kultivierte, dünn geschnittene Petit Steak unter der Marke Aleph Cuts eingeführt. Es handelt sich um ein hybrides Fleischprodukt, das aus den nicht modifizierten, nicht immortalisierten Zellen einer Premium Black-Angus-Kuh namens Lucy besteht.
Es beinhaltet auch eine pflanzliche Proteinmischung aus Soja und Weizen. Abgesehen von den Starterzellen, die aus einer befruchteten Kuh-Eizelle gewonnen werden, enthält der Kultivierungsprozess oder das Endprodukt keine weiteren tierischen Bestandteile wie fötales Rinderserum oder FBS.
Kostet das kultivierte Rindfleisch mehr?
Ganz entscheidend für die erfolgreiche Markteinführung ist nun der Preis für kultiviertes Rindfleisch im Restaurant oder gar dem Supermarkt. Die Produkte der Marke Aleph Cuts werden, so sagt es das Cleantech-Unternehmen, zum Zeitpunkt der Markteinführung „ähnlich hochpreisig sein wie herkömmliches Premium-Rindfleisch.“
Das ist mehr als bemerkenswert und zeigt, wie viel Dynamik gerade in der zellulären Landwirtschaft vorhanden ist. Beginnt die Disruption richtig, soll sehr zeitnah die Preisgleichheit mit einem größeren Teil des konventionellen Rindfleischmarktes erreicht werden.
Für die rasche Marktduchdringung sind zunächst Hybridprodukte wie die von Aleph Cuts gut geeignet. Auch der niederländische Anbieter Meatable setzt auf Hybridprodukte. Eine Entwicklung, die Denkfabrik-Gründer Tony Seba (RethinkX) so erwartet hat.
Laut Green Queen muss kultiviertes Fleisch Produktionskosten von 2,92 Dollar pro Pfund erreichen, mit preislich mit herkömmlichem Fleisch mithalten zu können. Doch obwohl es den Unternehmen gelungen ist, die Herstellungskosten in weniger als einem Jahrzehnt um sagenhafte 99 Prozent zu senken (diese Entwicklung ist vergleichbar mit Solarmodulen oder Elektroauto-Batterien), könnte es nach einer Analyse von McKinsey noch bis 2030 dauern, bis diese Proteine gleichwertig sind.
Da kultiviertes Fleisch nicht auf Viehzucht, riesige Ackerflächen oder große Wassermengen angewiesen ist, sind die Vorteile für den Klimawandel ebenso wichtig wie für die Ernährungssicherheit. Dies gilt insbesondere für Rindfleisch, das mehr Treibhausgasemissionen verursacht als jedes andere Lebensmittel. Die Israelis essen 19,6 kg Rindfleisch pro Jahr und es wird erwartet, dass der jährliche Verbrauch bis 2029 auf über 29 kg ansteigen wird.
Zulassung in Schweiz und USA steht bevor
Aleph Farms hat die Zulassung für kultiviertes Rindfleisch in Singapur, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und den USA beantragt und treibt seine Anträge auch auf anderen Märkten voran.
Gleichzeitig bemüht sich das Unternehmen auch um ein Koscher-Zertifikat für seine Anlage bei den örtlichen Rabbinatsbehörden. Dies ist für ein Unternehmen mit Sitz in Israel, das eine große jüdische Bevölkerung beliefert, die sich gemäß der Tora koscher ernährt, von entscheidender Bedeutung.
Trotzdem ist der Schritt der Zulassung für kultiviertes Rindfleisch in Israel ein besonderer Meilenstein. Denn das Land gilt als führend im Bereich der zellulären Landwirtschaft.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.