Die 2. Rendite der Energiewende: Wieso Deutschland Vorreiter für die Welt sein muss
Der Begriff „Energiewende“ könnte sich in den kommenden Jahren zur neuen „Bratwurst“ oder zum „Kindergarten“ entwickeln – Begriffe, die aus dem Deutschen kaum verändert in den englischen Sprachgebrauch übernommen wurden. Für die zweite Rendite der Energiewende muss Deutschland Vorreiter für die Welt sein, was den gesellschaftlichen Umbau betrifft. Im Grunde verbirgt sich dahinter viel mehr als nur die Abkehr von fossilen Energieträgern und Kernenergie – hin zu Strom und Wärme aus Sonne, Wind und Biomasse.
Denn es geht zentral um einen Bewusstseinswandel der Gesellschaft: Um den schonenden Umgang mit Ressourcen – hierzu zählt neben Strom aber auch Wärme oder beispielsweise Wasser -, um den Aufbau einer neuen Mobilitätskultur und um die Betrachtung von Effizienzaspekten, bei allem was wir tun. Deutschland, das sagt nicht nur Buchautor Jeremy Rifkin („Wir müssen handeln, sonst sind wir verloren“), hat die Kraft und die politische Voraussetzungen (auch wenn es schwer fällt, das derzeit zu glauben), um der Welt zu zeigen, wie die Transformation zu einer rohstoffarmen, auf Kreisläufe ausgerichteten Gesellschaft gelingen kann. Weg vom Öl lautet die Devise, da Peak Oil erreicht ist und die Preise steigen.
Dabei spielt der Effizienz-Gedanke und die zweite Rendite der Energiewende auch für die deutsche Wirtschaft eine ganz zentrale Rolle: Wenn Joschka Fischer im Rahmen der Hannover Messe 2012, beim IMTECH Forum, davon spricht, die konsequente Ausrichtung auf „Effizienz“ sei die wichtigste Entscheidung der deutschen Wirtschaft für die nächsten 50 Jahre, dann hat er im Kern Recht.
Deutschland, seine Wirtschaft, seine kritische Gesellschaft und seine Forscher und Ingenieure, und vielleicht sogar die politischen Akteure, bilden die Chance, einen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft herbeizuführen, der auf der ganzen Welt nachgeahmt werden kann. Und nachhaltige Rendite erwirtschaftet.
Mit BMW und Daimler an der Spitze der Energiewende?
Das, was mit Photovoltaik faktisch gelungen ist, aber letztlich auch nicht ganz billig ist, muss und wird auch in anderen Bereichen gelingen: Deutschland könnte in Zukunft mit Innovative Mobility, BMW und Daimler an der Spitze die besten Elektroautos bauen. Deutschland baut jetzt bereits die besten Maschinen für die Batteriefabrik oder die LED-Chip-Fabrik (Aixtron) der Zukunft.
Hier werden neuartige Materialien und Werkstoffe entwickelt, es wird an Alternativen zu Kunststoffen aus Öl geforscht. Doch in Deutschland selbst, wird diese gewaltige Chance für die deutsche Wirtschaft und damit auch für die Gesellschaft oft klein geredet.
Wir sollten in Deutschland den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne von „Clean Thinking“ anstreben und mithilfe eines Masterplanes vorantreiben. Die Fehler, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien gemacht wurden, sollten in Zukunft vermieden werden. Auf Lobby-Gruppen der vier großen Energiekonzerne sollte etwas weniger gehört werden.
Wir brauchen stattdessen mehr Bürgerengagement für dezentrale Energieversorgung, für Elektromobilität, die den Lieferverkehr flüsterleise macht, für die intelligente Kombination von BHKWs und Solarthermie (Vaillant) für öffentliche und private Gebäude – und wir brauchen das verbindende Element: Das Smart Grid. Oder besser gesagt, wie es Klaus Töpfer beim Ostdeutschen Energieforum ausdrückte, man dürfe sich nicht zu schade sein, auch die kleinen Dinge zu tun. Man dürfe nicht nur vom Ende her denken und das perfekte Smart Grid im Blick haben – kleine Schritte, die das Gesamtkonstrukt nicht stören, sind nötig und willkommen.
D.h. wir brauchen mehr Feldheims, mehr Schönaus, mehr Freiburgs – Städte und Regionen, in denen die Energiewende sichtbar und greifbar wird.
Deutschlands zweite Rendite der Energiewende
Regionen in die chinesische, indische oder amerikanische Bürgermeister kommen, um sich davon zu überzeugen, dass eine nahezu energieautarke Gemeinde selbst in Deutschland mit recht einfachen Mitteln möglich ist. International wird das anerkannt, was Deutschland bereits leistet – wieso nicht auch national, bei aller Kritik an der Politik.
Lasst uns mit Cleanthinking an der Spitze über die Technologien der Energiewende diskutieren und berichten. Und, lasst uns gemeinsam die deutschen Erfolge in alle Welt tragen, damit hier entwickelte und erforschte Technologien noch mehr zum Exportschlager werden. Daraus kann so etwas wie „Die zweite Rendite der Energiewende“ entstehen.
Die Energiewende-Rendite nämlich, die die vielen Startups, KMUs und Großunternehmen wie Daimler, Siemens oder Continental damit verdienen, aufstrebenden Nationen wie Indien, Israel oder Brasilien mehr Wohlstand zu bringen. Einen Wohlstand aber der auf intelligentem Ausbau von Energieerzeugung, Mobilität und der Wirtschaft allgemein fußt. Deutschland hat alle Voraussetzungen, um genau dies zu schaffen und die zweite Rendite der Energiewende einzufahren.
Mehr Rendite mit Clean Thinking als Teil der Gesellschaft
Spätestens zur kommenden Bundestagswahl 2013 muss genau diese wirtschaftliche Chance auf die Agenda der politischen Parteien: Es sollte einen Wettbewerb um die besten Konzepte geben, die die deutsche Cleantech-Revolution ermöglichen. Das wäre ein wünschenswertes Wahlprogramm. Deutschland muss diese gigantische Chance ergreifen, damit es hier auch noch in Zukunft industrielle Arbeitsplätze sowie Arbeitsplätze für die besten Forscher gibt.
Wird „Clean Thinking“ ein Teil der Gesellschaft, hat Deutschland herausragende Zukunftsaussichten. Mit der zweiten Rendite der Energiewende, auf die nicht nur der einstige Bundesaußenminister Joschka Fischer setzt.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Dem Beitrag kann nur zugestimmt werden. Die Chancen sind riesig und es kann eine echte win win Situation für Unternehmen und Bürger geben. Diese Gruppen haben es auch verstanden und die ersten Errungenschaften realisiert. Nur meine Befürchtung auch ein Jahr nach der Wahl ist, das die Regierung diese historische Chance entweder nicht sieht oder noch zu sehr dem Einfluss der Energieversorger ausgesetzt ist. Anders lässt es sich nicht erklären, das Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Energiewende nicht permanent und breiter seitens der Regierung gefördert und gestützt werden. Dabei wäre auch eine Konstellation der großen Koalition ideal um auf diesem Weg mit aller Konsequenz weitere Fortschritte zu erzielen.
Angesichts des breiten Interesses an diesem Thema, sei der Hinweis auf die Diskussion hierzu bei CleanThinking+ im sozialen Netzwerk von Google gestattet: https://plus.google.com/u/0/b/117635102537538755715/117635102537538755715/posts/5Six67wkzqK